«Die Förderung der Identität der ‹Stadt vor der Stadt› ist ein Gebot der Stunde»

Der Reinacher Preis 2014 wird diesen Freitag an den Wissenschaftler, Pädagogen und Publizisten René Salathé vergeben (Gemeindesaal, 18 Uhr). Das «Wochenblatt» hat mit dem vielseitigen Kulturschaffenden gesprochen.

Bücher sind für ihn unverzichtbar: Der Preisträger René Salathé in seinem Arbeitszimmer.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Bücher sind für ihn unverzichtbar: Der Preisträger René Salathé in seinem Arbeitszimmer. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Wochenblatt: Herr Salathé, was war Ihr erster Gedanke, als Sie von der Vergabe des Preises an Sie gehört haben?
René Salathé: Ich war völlig überrascht, weil ich kein Ur-Reinacher bin und nicht damit rechnete. Natürlich habe ich mich für Reinach eingesetzt, etwa für den Reinacher Kalender und für die Erhaltung und Pflege der Reinacher Heide. Da habe ich mich auch für ein Hundeverbot eingesetzt, was mir teilweise übel genommen wurde.

Sie wurden 1927 in Pratteln geboren. In Reinach sind Sie seit 1966 wohnhaft. Was hat Sie damals bewogen, hier Wohnsitz zu nehmen?

René Salathé: Es war die Nähe zur Schule. Ich war ab 1964 Konrektor des Gymnasiums Münchenstein. 1972 wurde ich als Rektor ans Gymnasium Oberwil berufen. 1966 bauten wir unser Haus in Reinach, wo meine Frau und ich immer noch leben.

Sie waren Pädagoge, Konrektor, Rektor, in verschiedenen Gremien tätig und haben vieles publiziert. Woher nahmen Sie die Zeit und Energie, dies alles unter einen Hut zu bringen?
René Salathé:
Solange ich Rektor war, habe ich wenig geschrieben. Die Schule mit rund 900 Schülern erforderte meinen vollen Einsatz. Den Ärmel hereingenommen – was das Schreiben anbelangt – hat es mir nach der Pensionierung. Ich bin ein vielfältig interessierter Mensch. Am meisten interessiert mich meine nächste Umgebung, was in einer globalisierten Welt vielleicht altmodisch klingen mag.

Es fällt auf, dass Sie nie zu einem «Fachidioten» geworden sind. Sie befassen sich mit Geschichte, Volkskunde, Geografie und Biologie. Wie erklären Sie sich das breite Interesse?
René Salathé: Das Naturinteresse war familienbedingt früh vorhanden. In der Schule erwachte die Neugier an der Kultur. Meine Eltern reisten viel. Meine Mutter war Gouvernante beim holländischen Ministerpräsidenten. Zusammen mit der welschen und französischen Verwandtschaft ergab dies auch eine gewisse Weltläufigkeit.

Wenn man Ihr Werkverzeichnis betrachtet, so kommt man nur schon bei den selbstständigen Publikationen zwischen 1983 und 2014 auf 15 Nummern, nebst einer Unzahl an Artikeln, Vorworten und wichtigen Organisationsaufgaben, etwa die Herausgabe der neuen, sechsbändigen Basellandschaftlichen Kantonsgeschichte «Nah dran, weit weg». Wie viele Bücher und Artikel betreffen insbesondere Reinach? Und gibt es eine Lieblingspublikation?

René Salathé: Ich habe nie eine Monografie über Reinach geschrieben, aber in etlichen Büchern kommt Reinach vor, zum Beispiel in den Werken über die Birs, die Birseckbahn, das 11er-Tram oder in «Baselland von A bis Z». Meine Lieblingspublikation ist «Das Kloster Schönthal», in dem Wissenschaft und Buchgestaltung eine Symbiose eingehen. Das Buch wurde als eines der schönsten Schweizer Bücher ausgezeichnet.

Sie haben bereits 2001 den Kulturpreis des Kantons Basel-Landschaft erhalten. Jetzt werden Sie gleichsam zum Nestor der Reinacher Kultur. Was würden Sie den kulturell Verantwortlichen ins Stammbuch schreiben
?
René Salathé: Reinach hat es mit seinem enormen Wachstum nicht leicht. Umso wichtiger ist sein ideeller und finanzieller Einsatz für kulturelle Werte und Anreize. Die Förderung der Identität der «Stadt vor der Stadt» ist in unserer hektischen Zeit kein Luxus, sondern ein Gebot der Stunde. Sie hat an allen hiesigen Fronten zu geschehen – in der Einwohner- und Bürgergemeinde, in Schulen und Vereinen –, sie bringt Verbundenheit und Standfestigkeit!

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