Baslerin in Sitting Bulls Hütte

Thomas Brunnschweiler hält am nächsten Dienstag im Kloster Dornach einen Vortrag über das erstaunliche Leben einer Baslerin, welche Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika Geschichte schrieb.

Einziges existierendes Foto: Caroline Weldon alias Susanna Carolina Faesch (sitzend) in einer Aufnahme von 1915.  Foto: ZVG
Einziges existierendes Foto: Caroline Weldon alias Susanna Carolina Faesch (sitzend) in einer Aufnahme von 1915. Foto: ZVG

Sie lebte in New York und in einem Indianer-Reservat. Sie war die Vertraute von Sitting Bull und erhielt von ihm sogar einen Heiratsantrag. Von den Indianern wurde sie bewundert und von vielen Weissen gehasst. Sie starb verarmt bei einem Zimmerbrand. Stoff für einen Roman – jetzt ist ihr Leben verfilmt worden: Caroline Weldon, geboren am 4. Dezember 1844. Ihr Geburtsname: Susanna Carolina Faesch. Bei einigen hat es längst geklingelt.

Faesch, das ist doch ein Basler Geschlecht! In der Tat, Sitting Bulls rechte Hand wurde im Kleinbasel geboren. Sie war das jüngste Kind des Wiesenbannwarts Johann Lukas Faesch und seiner Frau Anna Maria Barbara Marti.

Tipp kam aus den USA

Dass Weldon Schweizerin war, ging vergessen. Der Reinacher Autor Thomas Brunnschweiler hat ihre Biografie aufgearbeitet. Den entscheidenden Tipp hatte er von einem Auslandschweizer erhalten.

Es ist die Mutter, die Carolina Faesch in die USA mitnimmt. Anna Marti lernt um 1848, da war die Tochter 4-jährig, Karl Heinrich Valentiny kennen, einen jüngeren deutschen Revolutionär. Die Affäre führt 1849 zur Scheidung. Im Jahr darauf emigriert Valentiny nach New York. 1852 folgt ihm Anna Marti, mit der Tochter im Schlepptau.

In Brooklyn hat die junge Caroline ein Schlüsselerlebnis. Sie sieht einen armen Irokesen an ihrem Fenster vorbeigehen. Sie will ihn beherbergen, doch der Stiefvater verhindert das. «Sie begann, über die mitleiderregende Geschichte der Indianer nachzudenken», heisst es in einem Zeitungsbericht.

Ihr Interesse am Schicksal der «Redmen», der indigenen Bevölkerung, wird nie erlöschen. Nach dem Tod ihrer Mutter erblickt Carolina die Chance, ihrem Bohème-Dasein zu entkommen. Nun kann sie mit dem geerbten Geld unter dem Künstlernamen Caroline Weldon erstmals ins Dakota-Territorium reisen, das ist wohl im Jahr 1888.

Sie tritt der National Indian Defense Association bei, um das Lakota-Volk in seinem Kampf gegen die US-Regierung zu unterstützen. Die ist gerade im Begriff, Teile des sogenannten Grossen-Sioux-Reservates zu enteignen, um es von Kolonisten besiedeln zu lassen. Weldon freundet sich mit Sitting Bull an, Schamane und Chief der Lakota-Traditionalisten, den die US-Regierung in der Standing Rock Reservation zu neutralisieren versucht. Beim dritten Besuch lebt sie ab August 1890 in der Hütte von Sitting Bull und wird dessen Beraterin. Aus dieser Zeit sind vier Por-träts von Sitting Bull erhalten, die Weldon anfertigte.

Sie lehnt Sitting Bulls Heiratsantrag ab

Als ruchbar wird, dass Weldon bei den Indianern lebt, schlagen ihr Misstrauen und Feindseligkeit der Weissen entgegen. In einer Pressekampagne wird sie als «White Squaw of Sitting Bull», als Mätresse, bezeichnet. Die Verleumdungen lassen die Frau verbittern. Von den Lakota selbst wird sie «Tokaheya mani win» genannt, was «Woman Walking Ahead» bedeutet, «Die Frau, die vorangeht». Sie sieht sich auf Augenhöhe mit dem Häuptling. Er macht ihr einen Heiratsantrag, doch sie lehnt entrüstet ab.

Um 1890 verbreitet sich die Geistertanz-Bewegung mit messianischen und endzeitlichen Elementen. Weldon erkennt den Ernst der Lage, warnt Sitting Bull, die US-Regierung könne die Tänze zum Vorwand nehmen, gegen ihn vorzugehen – doch er folgt ihrem Rat nicht. Weldon wird es zu gefährlich. Sie beschliesst, das Reservat zu verlassen.

Im Dezember 1890 wird Sitting Bull von der Indianer-Polizei ermordet. Caroline Weldon stürzt in grosse Verzweiflung. Nach einem Aufenthalt in Kansas City zieht sie zurück nach Brooklyn. In einem Pressebericht vom 22. Januar 1891 stellt sie ihre Sicht der Dinge nochmals dar. «Niemand in der Welt war so glücklich wie ich», wird sie zitiert, «und ich wünschte, alle könnten mit mir dieses Glück geteilt haben. Eine Stadt scheint mir ein Gefängnis zu sein. Man muss hart arbeiten, um in der Stadt sein Auskommen zu finden, und ich genoss die Freiheit der Wildnis.» Sie schliesst mit dem niederschmetternden Satz: «Sicher ist, dass die Indianer vernichtet werden.»

Am 15. März 1921 erleidet Caroline Weldon bei einem Zimmerbrand in Brooklyn so schwere Verbrennungen, dass sie stirbt. Das Leben einer unkonventionellen, mutigen und für ihre Zeit ausserordentlich emanzipieren Frau endet tragisch.

«Eine Baslerin in Sitting Bulls Hütte». Vortrag von Dr. Thomas Brunnschweiler im Kloster Dornach. Dienstag, 13. 3. 2018, 19.30–20.30 Uhr. Anmeldung erwünscht: <link>info@klosterdornach.ch oder Tel. 061 705 10 80.

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