Landschaden zu gross – Bauern sagen klipp und klar Nein zum Schwingfest

Die Aescher und Reinacher Landwirte beanspruchen die abschliessende Verfügungsgewalt des von ihnen bewirtschafteten Bodens. Sie berufen sich auf bäuerliches Pachtrecht.

Ablehnung: Bauern wollen ihr Land zwischen Aesch und Reinach nicht für das Eidgenössische 2022 hergeben.  Foto: AZ Medien
Ablehnung: Bauern wollen ihr Land zwischen Aesch und Reinach nicht für das Eidgenössische 2022 hergeben. Foto: AZ Medien

Benjamin Wieland

Der Geduldsfaden ist gerissen. Bereits Anfang Juni teilten acht Bauern aus Aesch und Reinach dem Basellandschaftlichen Kantonalschwingerverband mit, dass sie gegen das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 auf ihrem Boden seien – vom Verband vernahmen sie danach jedoch keinerlei Reaktion. So entschlossen sich die acht Landwirte zur Flucht nach vorn. In einem Schreiben von gestern, das dem «Wochenblatt» vorliegt, bekräftigen sie ihre ablehnende Haltung: Sie seien gegen das Eidgenössische in Aesch, denn das vorgesehene Gelände sei «höchst ungeeignet» für solch einen Grossanlass.

Verband ignoriert die Bauern

Den Brief verschickt hat der Aescher Landwirt Ueli Siegenthaler. Er sagt gegenüber dem «Wochenblatt», die Bauern hätten den Beschluss Ende Mai einstimmig gefasst und ihre Meinung dem Kantonalschwingerverband umgehend kundgetan: am 2. Juni per eingeschriebenem Brief an den Präsidenten Urs Lanz. «Seither haben wir aber nichts mehr vernommen», sagt Siegenthaler, «was uns doch stark irritiert.» Der Kantonalschwingerverband nahm in der Mittwochausgabe der Basellandschaftlichen Zeitung zum bäuerlichen Brief Stellung: «Wir sind in der Endphase der Machbarkeitsstudie. Danach stehen wir wieder für Interviews zur Verfügung», so Urs Lanz. Die Machbarkeitsstudie hatte der Verband vor einem Jahr in Auftrag gegeben. Die Expertise soll unter anderem die Frage beantworten, ob der Anlass im Birstal durchführbar wäre. Der Verband stellte die Publikation für Anfang November in Aussicht. Was Lanz am gestrigen Schreiben der Bauern brennend interessieren dürfte, steht in diesem Abschnitt: «Das bäuerliche Pachtrecht überträgt den Landwirten in dieser Frage – unabhängig vom allenfalls abweichendem Grundeigentum – die abschliessende Verfügungsgewalt.» Das würde bedeuten: Die Bauern haben das letzte Wort bei der Durchführung des Schwingfests.

Wer hat das letzte Wort?

Das im Brief erwähnte Vetorecht der Bauern präzisiert Ueli Siegenthaler wie folgt: «Einer von uns Landwirten hat die Frage beim Schweizerischen Pächterverband abklären lassen. Laut dessen Auskunft könnte der Grundeigentümer nicht über den Kopf der Pächter entscheiden, was mit dem gepachteten Land geschehen soll.» Ganz anders tönte es noch Anfang Juni von der Einwohnergemeinde Basel-Stadt. Ihr gehört der grösste Teil des Bodens zwischen Reinach und Aesch. «Der Entscheid wird bei uns getroffen», sagte Mediensprecherin Barbara Neidhart zum Wochenblatt. Die Pächter hätten jedoch ein gewichtiges Wort mitzureden. Auf Anfrage bekräftigt Neidhart den Sachverhalt nochmals. Die Bewilligung für den Anlass müsse von der Grundeigentümerin kommen, also auch von der Einwohnergemeinde Basel-Stadt. «Wir werden jedoch», beschwichtigt Neidhart, «solch einen gewichtigen Entscheid ganz sicher gemeinsam mit den Pächtern fällen.»

Neidharts Worten steht wiederum die Auskunft gegenüber, die der Schweizerische Pächterverein gestern erteilte. Geschäftsführer Bernhard Koch sagt: Solange der Pächter das Land entsprechend dem Pachtvertrag bewirtschaftet, könne man ihm dieses nicht entziehen, um es anderweitig zu nutzen. «Es handelt sich jedoch um einen ziemlich einmaligen Fall», gibt Koch zu bedenken. «Es gibt hierzu wohl keine Präzedenzfälle.»

St.-Jakob-Park wäre zu prüfen

Neben den Bauern fürchten auch Umweltschützer die möglichen Schäden eines Schwingfests. Man geht davon aus, dass eine Fläche von rund hundert Fussballfeldern beansprucht wird. Die Kantonalschwinger haben gegenüber den Umweltschützern die Bereitschaft kund- getan, den Standort des mobilen Stadions in Richtung Süden zu verschieben. Es würde demnach im Gebiet des Sportplatzes Löhrenacker errichtet werden. Trotz dieser Zusicherungen haben vier Verbände – darunter die Natur- und Vogelschutzvereine Aesch und Reinach – vor zwei Wochen damit begonnen, Unterschriften für eine Petition gegen das Fest zu sammeln. Sie richtet sich an die Baselbieter Regierung. Der Anlass sei für das vorgesehene Gebiet und die Bevölkerung «nicht zumutbar», heisst es im Petitionstext. Erst vergangene Woche sprach sich die BDP Baselland in einer Medienmitteilung gegen ein Schwingfest in Aesch Nord aus. Es gelte stattdessen, den St.-Jakob-Park als Alternativstandort zu prüfen. Im alten «Joggeli» fand 1977 das Eidgenössische statt.

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