Integral planen und denken

Die Birsstadt hat ein gemeinsames Raumkonzept erarbeitet, zu dem sich die Bevölkerung bis Ende März äussern soll. Dessen Verbindlichkeit ist gering, aber nur juristisch.

Die Birsstadtgemeinden meinen es Ernst mit der Zusammenarbeit (v. l.): Urs Hintermann (Reinach), Christof Hiltmann (Birsfelden), Eveline Sprecher (Aesch), Martin Kiefer (Pfeffingen), Daniel Wyss (Arlesheim) und Christian Schlatter (Dornach) an der Pr
Die Birsstadtgemeinden meinen es Ernst mit der Zusammenarbeit (v. l.): Urs Hintermann (Reinach), Christof Hiltmann (Birsfelden), Eveline Sprecher (Aesch), Martin Kiefer (Pfeffingen), Daniel Wyss (Arlesheim) und Christian Schlatter (Dornach) an der Präsentation des Raumkonzepts Birsstadt am Montag in Arlesheim. Foto: Lukas Hausendorf

Lukas Hausendorf

Die Birsstadt wird wachsen. Heute wohnen zwischen Pfeffingen und Birsfelden rund 70 000 Menschen. Bis 2035 prognostiziert der Kanton Baselland für dieses Gebiet eine Bevölkerungszunahme von über 12 000 Einwohnern. Das stellt die Gemeinden vor Herausforderungen in der Raumplanung. «Es braucht Platz für Wachstum, aber auch für Qualität», stellte Birsfeldens Gemeindepräsident Christof Hiltmann am Montagabend in der Aula der Arlesheimer Gerenmattschule anlässlich der Präsentation des Raumkonzepts Birsstadt fest. Die sieben Gemeinden Pfeffingen, Aesch, Dornach, Arlesheim, Reinach, Münchenstein und Birsfelden wollen den Herausforderungen der Zukunft gemeinsam begegnen und haben deshalb Anfang Februar die Regionalplanung Birsstadt ins Leben gerufen. Das ist ein Gebot der Stunde, aber auch ein Projekt mit Modellcharakter. «Zwei Drittel des Baselbieter Bevölkerungswachstums findet im Birstal statt», erklärte der Dornacher Gemeindepräsident Christian Schlatter.

Die Landreserven sind aber knapp. Das Raumplanungsgesetz des Bundes lässt Einzonungen von neuem Bauland kaum mehr zu, dieses Korsett zwingt die Gemeinden zur Planung, die über den Ortsbann hinausgehen. «Neuer Wohnraum muss im Siedlungsgebiet entstehen. Das wollen wir nicht dem Zufall überlassen», so Schlatter. Wie «Zufall» aussieht, kann man heute in der Birs-stadt zur Genüge sehen. Die Agglomeration ist weitgehend zersiedelt. Der Boom zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren liess die Gemeinden oft planlos in die Breite wachsen. Raumplaner postulierten unter dem Titel Birs-stadt 2007 in der Architekturzeitschrift «Hochparterre» einen Neuanfang. Die Agglomerationsgemeinden des Birstals sollen kollektiv ein städtisches Bewusstsein entwickeln. Die früher ländlichen Dörfer sind heute mit städtischen Problemen konfrontiert.

Verkehr entflechten, Wege verkürzen

Was das heisst, illustrierte der Arlesheimer Gemeinderat Daniel Wyss anhand der Verkehrsinfrastruktur des Birstals. Der Viertelstundentakt der S-Bahn müsse her, mehr Anschlüsse und Zubringer zur kantonalen Autobahn A18 und nicht zuletzt eine Verlängerung der Tramlinie 10 nach Reinach. Letzteres Projekt hat aber einen langfristigen Zeithorizont. Gerade auf der Achse Dornachbrugg-Reinach werden die Probleme der Birsstadt manifest. «Die Strasse ist häufig blockiert», so Urs Hintermann, Gemeindepräsident von Reinach. Das Problem ist der Transitverkehr aus dem Leimental, der fast 70 Prozent des Verkehrsaufkommens bringt. «Es braucht ein Paket von Massnahmen», sagte er. Dazu gehört etwa ein neuer Zubringer zur A18 südlich des Gewerbegebiets Kägen. Erst wenn der Verkehr besser verteilt ist, entsteht Raum für neue Visionen. Zum Beispiel die Umnutzung des Stöcklin-Areals. Die Firma will ihre Produktion verlagern, wodurch Platz für neuen Wohnraum an bestens erschlossener Lage entstehen wird.

Ähnlich wie in Dornach das Areal Widen oder in Münchenstein die geplante Aufwertung des Gstads und die Umnutzung des Van-Baerle-Areals. Die Industriebrachen werden der Birsstadt noch einmal einen gewaltigen Urbanisierungsschub geben. Gleichzeitig muss zu den Freiflächen und Naherholungsgebieten Sorge getragen werden. «Integrales Planen und Denken ist gefordert», so Hintermann. Die Birsstadt soll eine Stadt der kurzen Wege werden, wo Wohnen und Arbeiten keine räumlichen Gegensätze mehr sind.

Konzept mit Legitimation und Wirkung

Der gesamtheitliche Planungsansatz für das Birstal findet seine Entsprechung nun im Raumkonzept Birsstadt. Bis Ende März kann und soll sich die Bevölkerung zu diesem Werk äussern. Behördenverbindlich ist es nicht. Das Element der Regionalplanung fehle im Kanton Baselland, monierte Hintermann. Die Gemeinden werden, wenn es auf kommunaler Ebene die politischen Hürden nimmt, via Vertrag ein Bekenntnis dazu abgeben. «Das ist nicht verbindlich. Diese Möglichkeit haben wir nicht. Es ist eine Absichtserklärung», erklärte Hiltmann. Die Mitwirkung der Bevölkerung sei für die Legitimation des Raumkonzepts darum umso wichtiger. Unverbindlich ist es deswegen aber keineswegs. Auf fachlicher Ebene zeigt es jetzt schon Wirkung. Es ist bereits die Basis für das dritte Agglomerationsprogramm des Bundes, das erhebliche Mittel verteilen wird, um wichtige regionale Projekte zu finanzieren.

Spaziergänge
WoB. Das Raumkonzept Birsstadt wird in Form von Spaziergängen durch zwei Schlüsselgebiete ganz konkret fassbar gemacht:
• Reinach-Dornachbrugg, Samstag, 12. März, 10 Uhr, Treffpunkt Bahnhof Dornach-Arlesheim, bei der Wendeschlaufe Tram Nr. 10.
• Gstad-Schoren, Montag, 14. März, 17 Uhr , Treffpunkt: Bahnhof Münchenstein

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