Falscher Cigarrenpapst macht Karriere

Gilbert de Montsalvat ist die einzige Cigarre der Welt mit Birsecker Wurzeln. Erfolgreich noch dazu. Jetzt hat die Marke ihre erste eigene Lounge in der Hansestadt Hamburg.

Experten in Cigarrenfragen: Autor Thomas Brunnschweiler und Tabakhändler Raymondo Bernasconi in der neu eröffneten Hamburger Lounge der «Birsecker» Cigarre Gilbert de Montsalvat.  Foto: ZVG
Experten in Cigarrenfragen: Autor Thomas Brunnschweiler und Tabakhändler Raymondo Bernasconi in der neu eröffneten Hamburger Lounge der «Birsecker» Cigarre Gilbert de Montsalvat. Foto: ZVG

Lukas Hausendorf

Im vornehmen Stadtteil St. Georg in Hamburg hat Gilbert de Montsalvat nun seine erste eigene Lounge. In der Dependance des grossen deutschen Tabakhändlers Niemeyer. Dieser hatte bis vor Kurzem seine Cigarrenlounge im Alsterhaus. Es war eine Davidoff Lounge. Mit dem Umzug musste die Marke des Basler Tabakwarenkonzerns Oettinger Davidoff Group aber weichen. Der Goliath wurde von einem David verdrängt. Gilbert de Montsalvat ist eine kleine, aber aufstrebende Cigarrenmarke mit Birsecker Wurzeln. Dahinter stehen der Tabakhändler Raymondo Bernasconi und der Reinacher Schriftsteller Thomas Brunnschweiler. Bernasconi komponierte die Cigarren und gab seine Silhouette für die Binde her, Brunnschweiler lieferte die Figur des Gilbert. «Ich wollte schon lange ein eigenes Produkt kreieren», sagt Bernasconi. Damals hatte er sein Domizil noch in Münchenstein.

Und es kam, wie es kommen musste. Aficionado Thomas Brunnschweiler, der seit Jahren schon Kolumnen über Raucherfreuden schrieb und regelmässig in Fachmagazinen publizierte, betrat eines Tages das «House of Smoke». Er überliess Lesemuffel Bernasconi ein Büchlein: «Perpetuum fumabile», eine Geschichtensammlung, u. a. mit der Erzählung «Der Papst von Genf». Das ist Gilbert de Montsalvat, ein vermeintlicher Cigarrenkenner, der allerdings weder Geschmacks- noch Geruchsinn besitzt. Ein talentierter Hochstapler, der es bis an die Tische amerikanischer Präsidenten schaffte. «Als ich den Gilbert las, rauchte ich dazu eine Cigarre und trank Rum. Danach schmeckte mir nichts mehr», erzählt Bernasconi. Schlecht gelaunt kam er nach Hause und dann machte es Klick. «Thomas wollte etwas Greifbares aus der Geschichte machen und ich suchte eine Geschichte zu einer Cigarre.»

Fiktion für den mündigen Raucher
Der französische Adelssprössling Gilbert de Montsalvat soll der Legende nach Anfang der 1950er-Jahre in Kuba gelebt haben, wo er umfangreiche Dokumentationen über den Tabak und Cigarren anlegte, die ihm in der Folge einen ausgezeichneten Ruf als Kenner der Materie einbringen sollte. Das führte zu Bekanntschaften sowohl mit Castro und Guevara wie auch John F. Kennedy, den er sogar in Cigarrenfragen beriet. Vom Literaten stammen nicht nur ein grosser Cigarrenführer, sondern auch lyrische Texte zum Thema. Die «Cubanischen Sonette» werden sogar auf einschlägigen Literaturforen im Internet besprochen. Vielleicht sind das aber auch nur geschickt gesetzte falsche Fährten von Thomas Brunnschweiler, der eigentlicher Urheber dieser Texte ist. Über die Cigarre hat Gilbert de Montsalvat aber tatsächlich den Weg in die Realität gefunden. Ein erfundener Aficionado, der weder riechen noch schmecken kann, bekommt seine eigene Cigarre.

«Das ist ja eigentlich Betrug», sagt Brunnschweiler. Aber auch ein Statement: Symbol für die Freiheit des Einzelnen zu rauchen, selbst zu entscheiden, was ihm schmeckt, sagt Bernasconi. Schalk und Ironie für Freigeister. Als Prinzip wird das auch in der Komposition der Cigarren manifest. Die ersten Formate der Classic-Reihe sind nicaraguanisch. Der Tabak von dort ist eigentlich sehr stark, die Cigarre fällt aber mild aus. Demgegenüber machte Bernasconi aus dem milden dominikanischen Tabak die kräftige Revolution Style. «Gegen den Strom ist das Motto», sagt er.

Eine Cigarre als Lebenswerk
Auf dem deutschen Markt sind die Gilbert Cigars mittlerweile sehr erfolgreich. Das war auch ein Grund, dass Niemeyer eine Gilbert-Lounge wollte. Darüber hinaus sind die Cigarren auch in Österreich, Tschechien und England erhältlich. Mittlerweile setzt Bernasconi eine halbe Million Stück pro Jahr um. «Für eine kleine Marke ist das eine stattliche Menge», sagt er. Zum Leben reicht es aber nicht. Dafür betreibt er einen Tabakhandel, mit dem er rund 30 Marken in der Schweiz exklusiv vertreibt und das House of Smoke, mit dem er mittlerweile nach Basel ins Gundeli gezügelt ist. Bis die Marke Gilbert etabliert ist, brauche es 15 bis 20 Jahre, glaubt Bernasconi. Dann wäre jetzt etwa Halbzeit. «Das Ziel ist, dass ich von der Marke leben kann», sagt er. Für Namensgeber Brunnschweiler hat sich die Gilbert schon ausgezahlt. «Meine Grundversorgung mit Cigarren ist gewährleistet.»

Weitere Artikel zu «Region», die sie interessieren könnten

Region24.04.2024

Gnadenfrist für gute Lösungen beim Buskonzept

Nicht alle Gemeinden am Dorneckberg sind ­zufrieden: Solothurn und Baselland werkeln am Busnetz 2026.
Region24.04.2024

Seit hundert Jahren fit

Die Turnveteranen- Vereinigung Baselland feiert ihr Jubiläum in Arlesheim. Dazu ver­öffentlicht der Verein auch eine Festschrift.
Region24.04.2024

Zeigt her eure Häuser

wej. Architektur für alle: Am kommenden Wochenende kann man im Rahmen von «Open House Basel» in den ­beiden Basel hinter die Fassaden von zahlreichen Gebäuden…