Hysterische Symphonien

Noch bis zum 3. Februar 2019 ist im Haus der elektronischen Künste im Rahmen der Regionale 19 die Ausstellung «Die Form des Klangs» zu sehen, zu hören und zu spüren.

The sound of music: In einem Raum spielen auf einer grossen Wand unzählige YouTuber ihre Gitarrensoli.  Foto: Patrick Steffen
The sound of music: In einem Raum spielen auf einer grossen Wand unzählige YouTuber ihre Gitarrensoli. Foto: Patrick Steffen

Schwingende Lautsprecher, hysterisch klagende Frauenstimmen sowie knisternde und knackende Möbel – willkommen in der «Form des Klangs». Gezeigt im Rahmen der Regionale 19, einem Format zur Förderung zeitgenössischer Kunst aus dem trinationalen Raum, präsentiert das Haus der elektronischen Künste (HeK) eine Auswahl an Künstlerinnen und Künstlern, «die sich mithilfe von elektronischen und digitalen Medien mit den Attributen des Klangs auseinandersetzen», so der Ausstellungs-Flyer. Dabei gehe es um «die Übersetzung akustischer Erfahrungen in visuelle und physische Empfindungen». Auch «die allgegenwärtige Präsenz von Klang», seine «vielfältigen Erscheinungsformen» sowie akustische Signale als «grenzenlose Inspirationsquelle» für Kunstschaffende werden behandelt. Die Besucherinnen und Besucher können dadurch, so die Hoffnung, ihren Klanghorizont erweitern.

Dichte Installationslandschaft

Insgesamt sind 16 Installationen zu sehen, zu hören und zu spüren. Mal sind sie lauter, mal leiser, die einen sind die ganze Zeit zu hören, andere nur mit Kopfhörer. Gleich nach der Eingangstür geht es mit den «Discogedanken» von Jonas Baumann los: Kopfhörer auf und rein ins digital-abstrakte Erlebnis. Zu einem Song zeigt Baumann einen Videoclip mit sich verändernden Formen. Nach dieser Station weitet sich der Blick auf eine recht dichte Installationslandschaft und langsam beginnen die permanenten Geräusche durchzusickern. Das sind vor allem die Geräusche, die Anja Braun und Wendelin Schmidt-Ott für ihre Arbeit «Satelliten» in Wohnräumen von Möbeln und elektrischen Geräten aufgenommen haben. An drei Punkten sind an der Wand kleine Lautsprecher angebracht, die die Geräusche knackender und knisternder Möbel unablässig in den Raum entlassen.

Abgrenzung notwendig

Weiter geradeaus steht ein Plattenspieler auf dem Boden. Als die Nadel die Platte berührt, beginnen sich Frauenstimmen in dem Raum zu erheben – erst ruhiger, aber schnell lauter werdend und zunehmend hysterischer. «Poetic Equations #2» heisst diese Arbeit von Katharina Zimmerhackl. «Die Arbeit analysiert die Formalisierung des weiblichen Körpers durch medizinische Sprache», weiss der Flyer. Gleich daneben befinden sich die «Foam Landscapes II» von Elia Navarro (man sieht und hört knisternden Schaum) und neben denen schwingen die permanent tongebenden Lautsprecher; das «Pendel für sieben Monologe» von Michel Winterberg. In einem Raum spielen auf einer grossen Wand unzählige YouTuber ihre Gitarrensoli. So stehen, liegen oder hängen in der «Form des Klangs» die 16 Installationen dicht an dicht und übertönen sich dabei nicht selten. Auch sind in den einzelnen Arbeiten wichtige Gedanken enthalten, aber der Raum und die Ruhe sind nicht gegeben, diese zu erfassen oder sich ihnen hinzugeben. Die Ausstellung ist ein Erlebnis, aber es kommt sehr darauf an, wie sich die Besuchenden von den einzelnen Geräuschen abgrenzen können.

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