Uni soll neuen Standort erhalten – Arealbesitzer wissen von nichts

Die Uni Basel soll auf dem Dreispitz bauen – weder die Christoph Merian Stiftung noch Baurechtnehmer waren informiert.

Industrieareale auf dem Dreispitz sollen Unigebiet werden: Links und rechts der Gleise liegen die Areale, die von den Regierungen als möglichen Uni-Standort definiert worden sind.  Foto: Roland Schmid
Industrieareale auf dem Dreispitz sollen Unigebiet werden: Links und rechts der Gleise liegen die Areale, die von den Regierungen als möglichen Uni-Standort definiert worden sind. Foto: Roland Schmid

In Grossformation traten die Regierungen beider Basel Mitte Oktober an, um das Kriegsbeil im Streit um die Finanzierung der Universität Basel zu begraben. Politischer Kernpunkt des Kompromisses: Innerhalb von zehn Jahren werden die Juristische und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät aus der Stadt auf Baselbieter Boden – nach Münchenstein – gezügelt.

Der Baselbieter Justiz- und vermeintliche Baudirektor Isaac Reber präsentierte die möglichen Baufelder. Zwei Areale «Süd» und «Südwest» in unmittelbarer Nähe zur Hochschule der Künste (HGK) waren auf einem Chart als Parzellen markiert, die sich in einer Evaluation als geeignet erwiesen hätten. Die Universität stellte den politischen Deal ihrer Trägerkantone auf ihrer Website vor und zeigte den Plan – doch dieser ist vergangene Woche verschwunden. Was ist geschehen?

Langfristige Verträge

Das Grossgebiet Dreispitz auf Basler und Baselbieter Boden gehört samt Strassen- und Bahninfrastruktur der Christoph Merian Stiftung (CMS). Diese hat die meisten Baufelder langfristig in Baurecht verkauft, der längste Vertrag reicht bis ins Jahr 2103. Andere vermietet sie direkt. Auf den Arealen, die Reber als neuen Hort der Hochschulbildung angepriesen hat, liegen ein Warenlager des Logistikkonzerns Fiege beziehungsweise ein teilweise brachliegendes Gleisfeld, das von einem zweiten Fiege-Lager begrenzt ist.

Das Transportunternehmen mochte auf Anfrage nicht Stellung nehmen, ob es bereit sei, in den nächsten Jahren zusammenzuräumen. Fiege verweist auf die Zürcher Acron Immobilien AG, die Baurechtsnehmerin sei. Acron wiederum ist verärgert. Andrea Jessen, zuständig für die Basler Immobilien, sagt: «Wir wussten nichts und waren sehr überrascht, da wir erst aus der Presse davon erfahren haben.» Vergangene Woche fand nun ein Treffen zwischen Acron und der CMS statt. Acron verlangte, dass das fragliche Dokument von der Homepage der Universität entfernt werde, solange nicht klar sei, was dort wirklich passiert. Die CMS intervenierte daraufhin bei der Universität, nun ist der Plan verschwunden.

Schwarz-Peter-Spiel

Auch die CMS ist verärgert, da sie im Verdacht steht, über die Köpfe der Baurechtnehmer hinweg über die Zukunft der Areale zu befinden. Martin Weiss, Leiter Abteilung Immobilien, sagt: «Das ist nicht unsere Art.» Schliesslich sei auch die CMS nicht darüber informiert worden, was die Regierungen präsentieren würden. Die Recherche offenbart ein Schwarz-Peter-Spiel, bei dem die Parteien die ungeliebte Karte schnell weitergeben. Sie wandert von Fiege zu Acron, zur CMS, zur Universität, zu den Regierungen und zuletzt zur Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion. Als letzter hält sie Marco Frigerio in den Händen. Der Baselbieter Kantonsarchitekt war zuständig für die extern durchgeführte Evaluation, in der verschiedenen Varianten auf ihre Eignung als Universitätsstandort geprüft wurden. Ohne auf die konkrete Konstellation einzugehen, sagt Frigerio, die Verfügbarkeit der Areale sei ebenfalls Teil der Prüfung gewesen. Er versucht zu relativieren: Die markierten Flächen seien nur Vorschläge. Die Prüfung stehe noch ganz am Anfang. Ein Augenschein zeigt jedoch: Wenn eine Hochschul-Verdichtung im Umkreis der neu gebauten Fachhochschule HGK entstehen soll, dann sind die Fiege-Areale geradezu ideal.

Alternativen weiter entfernt

Der CMS-Verantwortliche Weiss versucht indes, den Ball flach zu halten. Im Dezember werde es zu Gesprächen mit der Universität kommen. Es seien auch andere Areale auf dem Dreispitz denkbar, die vollständig im Besitz der CMS sind. Als Beispiel nennt Weiss das danebenstehende Parkhaus, das lediglich noch eine Lebensdauer von gut fünf Jahren habe. Diese langgezogene Parzelle samt anschliessender und stillgelegter Lokremise attraktiv zu bebauen ist jedoch schwierig. Weiter südlich gelegene Areale böten eine bessere Ausgangslage, doch sie bedeuteten bereits wieder eine erhebliche Distanz zur HGK und zum öffentlichen Nahverkehr. Die Regierungen waren in Euphorie, als sie die Pläne verkündeten. Dass diese umsetzbar sein müssen, war nicht ihre erste Priorität.

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