Auf halbem Weg nach Cannes

Zum fünften Mal bereits findet in diesen Tagen ein Movie Camp statt. Dabei lernen Jungfilmerinnen und Jungfilmer von Profis.

Grundlagen des Filmhandwerks vermitteln: Giacun Caduff (rechts), Direktor von Movie Camp, Produzent und Regisseur, erklärt den teilnehmenden Jugendlichen, wie die «Klappe» funktioniert.  Foto: AZ Medien/Nicole Nars-Zimmer
Grundlagen des Filmhandwerks vermitteln: Giacun Caduff (rechts), Direktor von Movie Camp, Produzent und Regisseur, erklärt den teilnehmenden Jugendlichen, wie die «Klappe» funktioniert. Foto: AZ Medien/Nicole Nars-Zimmer

Ein Gebäude auf dem Walzwerk-Areal in Münchenstein: Giacun Caduff irrt sich im Stockwerk. Der Produzent eilt treppab bis in den richtigen Stock, öffnet eine Tür, Brooklyn Hall steht auf dem Schild an der Wand. Hinter der Tür steht die Luft, es schmeckt nach Konzentration, schlaksige Jugendliche, Mädchen und Jungen, gruppieren sich um Scheinwerfer, Mikrofonangeln und Kamerastative.

Es ist Movie Camp. Zum fünften Mal findet der einwöchige Anlass statt. 85 Kinder und Jugendliche, «Camper» genannt, sind es dieses Jahr. Acht ist der Jüngste, 18 der Älteste. 35 Betreuer, sie heissen «Teamer», bändigen die wuselige Schar, ein Campwart kümmert sich um Ordnung und Organisation. Eine Psychologin ist als Ansprechpartnerin für Sorgen und Nöte vor Ort. «Sie ist selten gefordert, doch mir ist wichtig, dass jemand mit pädagogischem oder therapeutischen Hintergrund dabei ist. Die Therapeutin ist auch Schauspielerin, das ist die perfekte Mischung», sagt Caduff. Der 39-Jährige ist ein Überzeugungstäter in Sachen Film, sein Camp ist professionell ausgestattet. Profis aus der Schweizer Filmlandschaft kommen als Mentoren und Referenten ins Camp. Regie, Kamera, Ausstattung und Kostüm, Make-up und Hair, Ton, Produktion, Colour Grading, Sound Design und Mix. In eigentlich drei Camps, dem Junior Camp, Movie Camp und Pro Camp, tauchen die Teilnehmer ins Filmhandwerk ein und lernen die Grundlagen.

Ein Kabel fliegt durch die Luft

In der Brooklyn Hall hält Teamer David ein Kabel in der Hand. Neben ihm steht Laura. David wickelt das Kabel auf, macht ordentliche Schlaufen. Bei jeder zweiten Schlaufe dreht er den Arm und sagt: «Du musst es so machen, einmal normal, dann verdreht zurück, einmal normal, dann verdreht zurück». Laura beobachtet. Caduff steht dabei: «Ein richtig aufgerolltes Kabel kann ich viel leichter quer durch den Raum auswerfen oder hinter mir herziehen.» Caduff nimmt ein aufgewickeltes Kabel, holt aus, wirft es aus. Ein Knoten stoppt abrupt das Abwickeln in der Luft. Caduff wickelt. Normal, verdreht zurück, normal, verdreht zurück. Er reicht das Kabel an Laura. Sie wirft, das Kabel fliegt, ein Knoten in Brezelform. Caduff ruft «Mist», grinst, wickelt und wirft aus. Schnurgrade liegt das Zehn-Meter-Kabel quer im Raum. «Wenn die Camper nichts aus der Woche mitnehmen – sie können danach Kabel aufwickeln.»

In der Reihe der Camper finden sich 50 Prozent Wiederholungstäter und einige Überzeugungstäter. Elia Grunder (16) gehört dazu. Elia hat alle fünf Jahrgänge des Movie Camps besucht, sass sowohl im Junior als auch im Movie Camp. Jetzt ist er im Pro Camp. Alle drei Züge des Movie Camps sind jeweils schnell ausgebucht, haben teilweise Wartelisten. Für das Pro Camp müssen sich die Interessierten mit Lebenslauf bewerben. Elia ist zum zweiten Mal im Pro Camp, steht dieses Jahr hinter der Kamera. Er gehört zu den wenigen Bernern im Camp, das sonst fest in Baselbieter und Basler Hand ist.

Zwölf-Stunden-Tage

«Ich habe vor dem ersten Camp 2014 schon gerne gefilmt, und meine Patentante machte mich auf das Camp aufmerksam. Nach dem ersten Mal war ich so angefixt, dass ich weitergemacht habe», erinnert sich Elia. Wie Giacun Caduff strahlt er unbedingte Begeisterung für das Filmfach aus. Das Camp, so betont Elia, sei kein nettes Ferienlager. «Manchmal sind es Zwölf-Stunden-Tage, aber für Leute, die das wollen, ist es purer Spass.» Im Sommer beginnt der 16-Jährige eine Lehre als Mediamatiker, sein langfristiges Ziel ist die Zürcher Hochschule der Künste, Bereich Film. Damit sich die Pro Camper aufs Filmhandwerk fokussieren können, werden – anders als bei den Jüngeren – die Schauspieler und das Drehbuch gestellt.

Für Regisseur Timo von Gunten, 2017 gemeinsam mit Caduff Oscar-nominiert für den Kurzfilm «La femme et le TGV» und zum fünften Mal als Mentor beim Movie Camp, ist die Beteiligung Ehrensache: «Hier habe ich die Möglichkeit, dem Nachwuchs etwas zurückzugeben.» Die Hoffnung von Caduff ist klar: Vielleicht finden sich einige der Jungfilmer irgendwann in Cannes auf dem roten Teppich wieder.

Movie Camp Schlussveranstaltung im Kino Pathé Küchlin in Basel. Samstag, 31. März, 10.30 Uhr. An der öffentlichen Veranstaltung werden alle Filme gezeigt. Eintritt frei.

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