Festival rückt Afrika näher ans Birseck
Noch bis zum 2. Juli sind im Rahmen des Festivals «Kongo am Rhein» im Salon Mondial auf dem Dreispitz-Areal Arbeiten von kongolesischen Künstlern zu sehen. Daneben gibt es Musik, Theater und Performance.
Für alle, welche die Geschichte des Kongos nicht kennen, sind die Fotos von Freddy Mutombo verstörend. Da wird ein Mann aufgehängt oder es werden abgetrennte Hände gezeigt. Der Künstler hat die Bilder nach alten Fotos neu inszeniert und stellt alle Personen gleich selbst dar. Der Kongo-Freistaat war zwischen 1885 und 1908 Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II. Im Zuge der weltweiten Verbreitung des Automobils war Kautschuk für Pneus gefragt und der König, der gleichzeitig Hauptaktionär der Konzessionsgesellschaften war, beutete das Land rücksichtslos aus. Die Frauen der Arbeiter wurden als Geiseln genommen und getötet, wenn nicht plangerecht geliefert wurde, Kongolesen wurden die Hände amputiert oder massakriert, wenn sie sich gegen ihre Unterdrücker erhoben.
Neuer Blick auf die Migration
Noch heute ist die Situation im Land schwierig, aber die Regierung bedrängt die Kunstschaffenden nicht, weil «sie gar nicht versteht, was wir eigentlich machen», wie Mutombo sagt. Wie erlebt er Basel? «Die Blicke sind hier freundlicher als in Frankreich oder Belgien», sagt der vielseitige Künstler, der in Belgien wohnt und in Strassburg sein Atelier hat. Die Originalfotos, die zwischen 1908 und 1945 entstanden, seien den Intellektuellen bekannt. Nun würden sie einem breiteren Publikum durch seine «Mise en Scène» zugänglich gemacht. Im Kongo gebe es noch heute alte Menschen mit abgetrennten Gliedmassen.
Die Begegnung mit der jeweiligen Bevölkerung sei ihm wichtig, so Mutombo. Mit einem ironischen Lächeln geht er auf Fragen ein, hinter denen unsere klischeehaften Vorstellungen stecken. So weist er darauf hin, dass es neben der Migration von Afrikanern in den Norden eine Einwanderung nach Afrika gebe, die grösser sei als jene. «Für mich sind Menschen, die es schaffen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, Helden.» Auch der Schriftsteller In-Koli Jean Bofane, der zusammen mit der Universitätsdozentin Isabelle Chariatte das Projekt «Kongo am Rhein» initiiert hat, weiss vieles zu erzählen. «Es geht oft vergessen», sagt der umfassend bewanderte Autor, «dass es rund um die Grossen Seen in Ostafrika mehr Flüchtlinge gibt als hier. Auch Libanon oder Jordanien leisten diesbezüglich eine Menge.»
Vergessenes eigenes Fehlverhalten
«Kongo am Rhein» vermag unser Afrika-Bild zu korrigieren. Man sollte nie vergessen, dass es im Basler «Zolli» bis in die 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts sogenannte «Völkerschauen» gab, bei denen «Neger» und «Hottentotten» ausgestellt wurden. Das Gesamtprogramm des empfehlenswerten Festivals findet sich auf der Webseite <link http: www.kongo-am-rhein.org external-link-new-window>www.kongo-am-rhein.org.
«Kongo am Rhein», Salon Mondial, Haus der Elektronischen Künste,
1. Stock, Freilager-Platz, Münchenstein, täglich 12–19 Uhr, freier Eintritt.