Ein Sprichwort sagt: «Der Jakobsweg beginnt vor deiner Haustür»

Als Pilger hat Toni Bischofberger 2003 seine Liebe zum Jakobsweg entdeckt. Jetzt beschilderte der Münchensteiner zusammen mit dem Kloster Beinwil den Baslerweg, einen Ast des weitverzweigten Jakobwegnetzes.

Die erste Tafel steht zu St. Jakob: Gut ein halbes Jahr hat Toni Bischofberger in Zusammenarbeit mit dem Kloster Beinwil geplant, koordiniert und montiert.  Foto: Roland Bürki
Die erste Tafel steht zu St. Jakob: Gut ein halbes Jahr hat Toni Bischofberger in Zusammenarbeit mit dem Kloster Beinwil geplant, koordiniert und montiert. Foto: Roland Bürki

Ich bin dann mal weg», heisst der vor über zehn Jahren erschienene Bestseller von Hape Kerkeling. Darin beschreibt der deutsche Komiker und Entertainer seinen Leidensweg vom französischen Grenzort Saint-Jean-Pied-de-Port bis zur Kathedrale von Santiago de Compostela. Dort, wo in einem silbernen Schrein die Reliquien des Apostels Jacobus ruhen sollen. Viele, ja sehr viele Leute verstehen unter dem Jakobsweg lediglich diesen von Kerkeling beschriebenen Teil, den «Camino Francés», der sich über eine Strecke von 800 Kilometern durch die spanische Landschaft zieht. Tatsächlich besteht der Jakobsweg aber aus einem ganzen Netz von historischen Wegen, das sich durch ganz Europa erstreckt.


Runter an die Birs und dann bis Beinwil

Ein altes Pilgersprichwort sagt: «Der Jakobsweg beginnt vor deiner Haustür.» Das kann Toni Bischofberger nur unterschreiben, der nach einem Burnout im Juli 2003 von seinem Heim in Münchenstein einfach zur nahen Birs runterging, auf dem sogenannten Baslerweg dem Birsufer entlang bis Aesch marschierte, dann gemäss den dortigen Tafeln (Via Jacobi und Via Jura 80) über Pfeffingen, Glögglifels, Kleine Weid, Grellingen, das Kaltbrunnental und Meltingen Brücke am Abend das Kloster Beinwil erreichte. Tags darauf wanderte der Pilger weiter auf dem Baslerweg über die Hohe Winde und dann hinunter nach Gänsbrunnen, wo er todmüde übernachtete. Aufgeben wollte Bischofberger nicht und so zog er in weiteren Etappen via Weissenstein, Solothurn bis Genf, das er nach elf Tagen erreichte. Nach einer Woche Pause zu Hause folgte die zweite Etappe bis Vienne (F). Daran schlossen sich in den nächsten Jahren weitere Teilstücke an, bis der Pilger am 27. Juni 2007 den letzten Teil von Pamplona bis Santiago de Compostela unter die Füsse nahm und von dort gar noch weiter bis Finisterre, dem Ende der Welt, pilgerte.

Viele Begegnungen, die das ebenfalls gesuchte Alleinsein bereichert haben, sind Bischofberger unvergesslich. Etwa jene zwei couragierten Frauen in Santo Domingo de la Calzada, die ihm den während eines Gottesdienstes geklauten Fotoapparat samt dem aufgestöberten Dieb «auslieferten». Oder die berührende Geschichte der krebskranken Frau mit Pony und Hündchen, die bewusst und gut vorbereitet auf dem «Camino» in den Tod pilgerte. «Wenn ich aber auf den rund 2000 Kilometern etwas gelernt habe, ist es die Gelassenheit, etwas so hinzunehmen, wie es kommt», zieht Bischofberger Bilanz.

Seit dem Mittelalter folgen Menschen der Jakobsmuschel in Richtung Santiago de Compostela. Die alten Wanderwege sind geblieben, nur die Motive, diese Wege zu gehen, haben sich gewandelt. Heute geht es meist um Auszeit, Lebenskrisen, Spiritualität oder Erholung. Einzelne Pilgervereine und Pilgerzentren wie das Kloster Beinwil sorgen ehrenamtlich für den Wegunterhalt, publizieren Unterkunftsverzeichnisse, betreiben Pilgerherbergen oder informieren über das Pilgern. Spezielle Info-Tafeln geben mit Kartenausschnitt und Kilometerangaben Auskunft über die Distanzen bis Santiago. Seit September 2016 hat sich das Kloster Beinwil mit tatkräftiger Unterstützung von Jakobsweg-Koordinator Toni Bischofberger um die Beschilderung des historischen Baslerweges bemüht, der von Basel nach Solothurn führt. Da ging es um Tafeln, Standorte, Bewilligungen und die Montage. Zwölf Tafeln in Basel St. Jakob, Aesch, Grellingen Bahnhof, Meltingen Brücke, Beinwil Kloster, Welschenrohr Dorf, Weissenstein und in Solothurn (5 Tafeln) säumen nun den Weg, den der isländische Mönch Niklas von Munkathvera anno 1155 als Pilger beschritt, wie er in seinem «Itinerar» beschreibt.

<link http: www.beinwil.org>www.beinwil.org

 


Engagiert als Pilger und Politiker

In fünf Jakobsweg-Etappen hat der pensionierte Psychotherapeut Anton Bischofberger aus Münchenstein das Leben aus ganz verschiedenen Blickwinkeln kennen und schätzen gelernt. Freiwilligenarbeit ist ihm sehr wertvoll geworden. So ist er aktives Mitglied beim Verein «Freunde des Jakobsweges», für den er als offizieller Koordinator des Baslerwegs zeichnet. Ganz besonders ans Herz gewachsen ist ihm auch die Idylle und Stille des Klosters Beinwil, wo er als Mitglied des Freundeskreises ebenfalls aktiv mitarbeitet. Mitmachen in der Politik war dem heutigen Präsidenten der Grünen Münchenstein schon seit je ein Anliegen, weil ihm eine intakte Umwelt und die Solidarität mit Schwächeren wichtig sind. Und natürlich kennt Bischofberger nach zwölf Jahren in der Gemeindekommission die Münchensteiner Politik von Grund auf, was ihm selbstverständlich als Ortsparteipräsidenten sehr zugute kommt.

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