Zwischen Film und Wirklichkeit

Die Filmemacher Giacun Caduff und Michael Kempf luden im Walzwerk Münchenstein zum Movie-Camp ein. 76 Kinder und Jugendliche durften ihre eigenen Kurzfilme produzieren. Diese kommen in Basel zur Aufführung.

Movie-Camp-Macher: Giacun Caduff (l.) und Michael Kempf begeistern Kinder und Jugendliche für das Filmhandwerk.  Foto: Bea Asper
Movie-Camp-Macher: Giacun Caduff (l.) und Michael Kempf begeistern Kinder und Jugendliche für das Filmhandwerk. Foto: Bea Asper

Wer sich wunderte, von Kindern um Dreh-Erlaubnis gebeten worden zu sein, kann sich diesen Samstag, 15 April, um elf Uhr im Kino Pathé Küchlin Basel die Filme anschauen, die diese Woche in Münchenstein entstanden sind. Die 76 Kinder und Jugendlichen wollten für ihre Kurzfilme in einem Spital drehen, in einem Schwimmbad, in einem Theater und in einem Juweliergeschäft. «Ich war von den vielen Absagen entnervt», berichtet ein Junge von seinen Telefonaten. «Doch wir liessen nicht locker – und in letzter Minute klappte es doch noch. Wir bekamen die Erlaubnis, in der gewünschten Location zu filmen.»

Last minute ist normal in diesem Geschäft, weiss Giacun Caduff aus seiner Erfahrung als Filmproduzent. Sein Film (La Femme et le TGV – in Regie von Timo von Gunten) war für den Oscar 2017 als bester Kurzfilm nominiert. Caduff ist in Gempen aufgewachsen und hat in den USA Filmkunst studiert und am Set gearbeitet. Und die Ideen für Projekte und Events (Gässli Film Festival) gehen ihm nicht aus. Diese Woche lud er zusammen mit dem Basler Filmemacher Michael Kempf zum Movie-Camp ein. Gegen eine Kursgebühr von rund 400 Franken erhalten junge Menschen (im Alter von 8 bis 20 Jahren) die Chance, in die Welt des Films einzutauchen. Unter Anleitung von Filmemachern, Regisseuren, Musikern, Schauspielern und Maskenbildnern produzieren Kinder in fünf Tagen ihre eigenen Filme – frei nach ihren Ideen und Kreationen – frei im Mix von Krimi, Fantasie, Drama, Komödie und Liebesgeschichte. Möglich ist dies dank breitem Sponsoring durch Firmen, die auch die Kameras und die Computer zur Verfügung stellen.


Schule fürs Leben

Die Aussage der jungen Menschen, dass sie nach Absagen dran blieben, lässt sich Caduff auf der Zunge zergehen. Er will den Kindern nicht nur den Spass am Filmen vermitteln, sondern sie erleben lassen, wie viel harte Arbeit in einem Film steckt. Die elf Gruppen wurden aufgefordert, ihre eigenen Geschichte zu erfinden, ein Drehbruch zu schreiben – und eben, um Dreherlaubnisse zu kämpfen. Sie mussten sich zusammenraufen. Gefragt war Teamwork. Sie mussten sich ihre Schauspieler suchen, diese für die Geschichte begeistern und mit der richtigen Regieanweisung perfekt in Szene setzen. Nach dem Dreh wird das Zusammenschneiden zur Geduldsprobe. Eine geballte Ladung an Energie und endlose Begeisterung wollte Caduff sehen. Die Tagesabläufe sind straff organisiert, doch bieten sie Freiräume für Kreativität und künstlerisches Wirken. Das Movie-Camp ist Schule fürs Leben, sicherlich aber auch Plattform für das Entdecken und Fördern von Talenten. Wer weiss, vielleicht ist unter den Filmemachern, die diesen Samstag ihr erstes Werk ins Kino bringen, der Oscar-Gewinner von morgen.

Caduff – selber ein Nervenbündel – bringt die jungen Menschen an ihre Grenzen. Er lässt sie aber nicht alleine. Zwei Dutzend Betreuer stehen den Kids mit Rat und Tat zur Seite. Und Psychologin Jessica Matzig hat für jeden ein offenes Ohr. Sie arbeitet als freischaffende Schauspielerin und unterstützt das Projekt aus Überzeugung: «Das Movie-Camp ist für die jungen Menschen eine riesige Chance. Davon konnte ich als Kind nur träumen.» Das Movie-Camp war denn auch bereits drei Tage nach seiner Ausschreibung ausgebucht.

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