Für einmal Künstlerin oder Künstler sein
Nach einer Kunstwoche am TSM-Schulzentrum in Münchenstein präsentierten sich die Schülerinnen und Schüler in einer eindrücklichen Werkschau. Sie zeigt das Potenzial von Menschen mit einer Behinderung.
Thomas Brunnschweiler
Tam, tamtam, tam … Rhythmische Perkussionsklänge und eine Gartenschlauchtrompete sind zu hören. Die Gäste haben sich auf den Weg zum Rundgang durch die labyrinthischen Gänge im «Therapie Schulzentrum Münchenstein» gemacht. Die Musiker und Geräuschtüftler Lukas Rohner und Thomas Weiss führen alle von einer Kunststation zur anderen. In einem Gang stehen weisse Wassergeister aus Gips, in einem Raum gibt es farbige Bewegungsspuren am Boden und an den Wänden Papierbahnen à la Jackson Pollock. Die Jugendlichen erklären ihre Werke gleich selbst. Ein Mädchen im Rollstuhl, das nicht sprechen kann, tippt etwas in ihren Computer ein und eine Stimme sagt: «Das ist schön!»
Im Garten erhebt sich ein phantastischer Klangbaum, der von Jung und Alt mit Lust zum Klingen gebracht wird. Man trifft auf Spuren von Action painting, auf ein fast alchemistisches Farblabor und draussen auf richtige Land Art. Im Nebengebäude experimentieren Jugendliche im Rollstuhl sowie andere Schüler mit dem Motioncomposer, der Bewegungen in Musik umwandelt. Das Gerät ist ein Geschenk der Stiftung Cerebral. Einige Schülerinnen haben mit dem bekannten Fotografen Onorio Mansutti eine Fotoausstellung zusammengestellt. Mansutti sagt fast stolz: «Das sind ganz gute Fotografen hier.»
Inklusiv und offen
Schreinermeister und Erwachsenenbildner Christian Kusch betreute den eher handwerklichen Bereich, die Künstlerin Ulrikke Stokholm führte die Jugendlichen ins skulpturale Arbeiten mit Ton und in die Land Art ein. Die Kunstwoche vom 9. bis 13. Mai bot den Kindern und Jugendlichen mit teils schweren Beeinträchtigungen die Möglichkeit für kreative und sinnliche Erlebnisse. Spüren, tanzen, basteln, malen, tonen, Farben herstellen und Gärten gestalten sind Tätigkeiten, welche den Teilnehmenden Vertrauen in ihre Fähigkeiten schenken. Peter Frei, der das TSM seit 2012 leitet, sagt: «Alle Schülerinnen und Schüler waren einbezogen, auch mehrfach behinderte. Im Zentrum stand weniger das Produkt als die Erfahrung mit dem Material und der Wahrnehmung.»
Neben den drei Künstlern, die von aussen herangezogen wurden, beteiligten sich auch eigene Mitarbeitende an der Vorbereitung der künstlerischen Prozesse. «Wir sind eine inklusive Sonderschule, nach aussen offen», erklärt Frei, der auch vermehrt die Zusammenarbeit mit anderen Schulen sucht. Das TSM Schulzentrum ist ein führendes und erfolgreiches Fachzentrum mit qualitativ hochstehenden, aufeinander abgestimmten pädagogischen und therapeutischen Leistungen. Kinder und Jugendliche mit Körper-, Seh- und Mehrfachbehinderungen finden hier ambulante und teilstationäre Angebote. Die Kunstwoche stand unter dem perfekten Motto: «Für einmal Künstlerin oder Künstler sein!»