Mit Unbehagen: Gemeinde zieht Altersheim aus Finanzloch

Kostenexplosion und schliesslich auch noch der Konkurs des Generalunternehmens: Die Stiftung Alters- und Pflegeheim Hofmatt erlebte mit ihrem Erweiterungsbau ein Waterloo. Die Gemeinde hilft ihr mit einem Schuldbrief über 1,7 Millionen Franken aus der Patsche.

Baustelle Hofmatt: Der Bau schreitet voran – die Gemeinde beteiligt sich am 7-Millionen-Loch.  Foto: Edmondo Savoldelli
Baustelle Hofmatt: Der Bau schreitet voran – die Gemeinde beteiligt sich am 7-Millionen-Loch. Foto: Edmondo Savoldelli

Lukas Hausendorf

Der unerwartete Konkurs des Zürcher Generalunternehmers Arigon im vergangenen Dezember, welcher mit dem Erweiterungsprojekt des Alters- und Pflegeheims Hofmatt betraut war, zeitigte ein finanzielles Debakel, das die Stiftung APH mit einer Finanzierungslücke von über 7 Millionen Franken zurückliess. Das Grounding der Arigon AG erfolgte notabene noch vor Abschluss des Erweiterungsbaus. Die Gemeinde Münchenstein, die sich ursprünglich mit 7 Millionen am letztlich 61,8 Millionen Franken teuren Projekt beteiligte, wird sich nun auch an der Deckung des Sieben-Millionen-Lochs beteiligen, und zwar mit einem zinslosen Darlehen über 1,7 Millionen Franken.

An der Sanierung beteiligt sich auch der Kanton Baselland mit 3,8 Mio. Die übrigen 1,5 Millionen Franken werden über eine Hypothek bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank gedeckt. Die Beteiligung der Gemeinde Münchenstein ist in diesem Fall auch von öffentlichem Interesse, trägt sie damit doch auch dazu bei, dass die Hofmatt nicht zum «teuersten Heim im Kanton» wird, wie Gemeindekommissionssprecherin Jeanne Locher (SP) betonte.

Die Stiftung APH wurde an der Gemeindeversammlung aber auch mit Vorwürfen konfrontiert. Sergio Viva (Grüne) hielt ihr vor, dass das Debakel mit einer treuhänderischen Bauherrschaft nicht passiert wäre. «Das stimmt so nicht. Wir haben externe Experten beigezogen und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt», wies Stiftungsratspräsident Peter Löw diesen Vorhalt zurück. «Die Situation ist ärgerlich und unerfreulich», gab er zu. Aber der Betrag käme letztlich den Bewohnern zugute.

Das Eintreten zum Geschäft war jedoch nicht unbestritten. Paul Messmer wollte das Geschäft zwar zurückweisen, weil es noch viele offene Fragen zur Entstehung des Schlamassels gäbe. Denn: Während der Bauzeit kam es zu massiven Kostenüberschreitungen. Aus dem ursprünglich mit 36,1 Millionen Franken veranschlagten Projekt wurden am Ende über 60 Millionen Franken. Welche Fehler begangen wurden, wird nun auch Price Waterhouse Coopers im Rahmen einer erweiterten Revision en détail prüfen. Heute die Schuldfrage zu diskutieren, sei darum nicht zielführend, so Dieter Rehmann (SP).

Die Untersuchungsergebnisse der Revisionsstelle würden veröffentlicht werden, versprach Gemeindepräsident Giorgio Lüthi. Weil kaum jemand eine Bauruine produzieren und erst recht nicht auf dem Buckel der Pflegeheimbewohner die Stiftung bestrafen wollte, wurde dem zinslosen schuldverbrieften Darlehen über 1,7 Millionen Franken mit grossem Mehr zugestimmt.

Landverkäufe für mehr Schulraum
Im Hinblick auf Harmos mit der sechsten Primarschulklasse und der erwarteten Bevölkerungsentwicklung ist der Schulraumbedarf auch in der Gemeinde Münchenstein gestiegen. Während das Schulhaus Löffelmatt bereits erweitert wird, muss nun auch die Anlage Lange Heid vergrössert werden. Das Projekt, das der Gemeindeversammlung am Montag präsentiert wurde, beinhaltet auch Raum für die schulergänzende Betreuung. Auch ein dringend benötigter dritter Kindergarten kann darin integriert werden. Das bestehende Gebäude wird dafür abgebrochen werden und durch zwei kompakte und «städtebaulich hochwertige Bauten», wie Hochbauchef René Nusch (SVP) betonte, ersetzt.

Das Bauprojekt, das sich durch hohe Funktionalität auszeichnet, wurde durch einen Architekturwettbewerb ermittelt, bei dem 22 Vorschläge eingereicht wurden. Als Sieger ging die Eingabe des Zürcher Büros Rudolf Moser hervor. Die Kosten des Projekts belaufen sich auf total 15,7 Millionen Franken. Die Finanzierung will die Gemeinde vollständig über den Verkauf und die Baurechtsabgabe von eigenen Parzellen decken. Dafür bewilligte die Gemeindeversammlung den Verkauf von vier Parzellen und stimmte auch der Abgabe einer grösseren, unbebauten Parzelle an der Hauptstrasse im Baurecht zu. Der Verpflichtungskredit zur Erweiterung der Schulanlage Lange Heid wurde nach einem längeren Expertenstreit über die kosteneffizienteste Lüftungsanlage ohne Änderung genehmigt.

Bringt Münchenstein Birsstadt zu Fall?
Die Gemeinde Münchenstein schert aus der Regionalkonferenz Birsstadt aus. Die Gemeindeversammlung verwarf die Statuten zur Gründung des Zweckverbands Regionalkonferenz Birsstadt am Montag äusserst knapp durch einen Nichteintretensentscheid. Vorbehalte gegenüber der demokratischen Legitimität des Gremiums, das laut Daniel Altermatt (GLP) vor allem für die Gemeindepräsidenten da sei, und dem auch Kontrollorgane fehlen würden, wie weiter moniert wurde, überzeugten eine knappe Mehrheit der Stimmbürger. Die übrigen Birsstadt-Gemeinden entscheiden dieser Tage über die Statuten des Zweckverbands. Durch das Nein der Gemeinde Münchenstein, die zu einer der treibenden Kräfte des Ausbaus der interkommunalen Zusammenarbeit gehört, ist der Zweckverband als solches nun vorerst gescheitert. Wie die interkommunale Zusammenarbeit in Zukunft weitergeführt wird, muss sich erst zeigen.

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