Brechts Theaterklassiker authentisch auf die Schulbühne gebracht

Die 8. Klasse der Rudolf Steiner Schule Münchenstein spielte den «Kaukasischen Kreidekreis» von Bertolt Brecht. Ein Augenschmaus war vor allem das Bühnenbild.

Gerichtsverhandlung: Der betrunkene Richter Azdak wird bald den «kaukasischen Kreidekreis» zeichnen.  Foto: Oliver Sterchi
Gerichtsverhandlung: Der betrunkene Richter Azdak wird bald den «kaukasischen Kreidekreis» zeichnen. Foto: Oliver Sterchi

Oliver Sterchi

Liebe und Verrat, Schuld und Sühne, Recht und Unrecht – es sind die grossen Fragen des Lebens, die Bert Brecht in seinem Bühnenstück «Der kaukasische Kreidekreis» verhandelt. Eine inhaltlich reduzierte Fassung gaben die Achtklässler der Rudolf Steiner Schule Münchenstein am vergangenen Wochenende in der Schulhaus-Aula zum Besten.

Die Handlung – angesiedelt in einer zentralasiatischen russischen Provinz des vorletzten Jahrhunderts – dreht sich hauptsächlich um die Dienstmagd Grusche, die mit dem Kind des Gouverneurs auf der Flucht ist. Dies, nachdem der Provinzfürst einem Komplott zum Opfer fiel und seine Frau, die hochnäsige Fürstin, in Sorge um ihre Garderobe fluchtartig das Schloss verliess und ihren Sprössling zurückliess. Verfolgt von den Häschern der Putschisten, flüchtet Grusche ins Gebirge zu der Familie ihres Bruders. Zurück lässt sie ihren heimlichen Verlobten Simon, der bald darauf in die Armee eingezogen wird, um im fernen Persien zu kämpfen.

Auf ihrer Flucht trifft Grusche auf adelige Damen, die trotz Staatskrise ihren Standesdünkel nicht abgelegt haben, und geizige Bauern, die selbst für ein Glas Milch einen Wucherpreis verlangen. Frei nach Brecht wird hier eine moralisch zutiefst verdorbene Gesellschaft entlarvt, in der sich insbesondere in Krisenzeiten ein jeder selbst der Nächste ist.


Endlich bei ihrem Bruder angekommen, heiratet Grusche aus der Not heraus einen alten Bauern. So gehen die Jahre ins Land. Eines Tages jedoch taucht Simon wieder auf und findet seine vermeintliche Verlobte mit Mann und Kind vor. Zeitgleich treten auch die Häscher der Fürstin auf den Plan und entführen den Jungen im Namen seiner leiblichen Mutter. Simon erklärt sich daraufhin bereit, im bevorstehenden Gerichtsprozess als Vater des Kindes auszusagen.

Der einfache, aber gewitzte Dorfrichter Azdak ist mit der Situation jedoch völlig überfordert und lässt in seinem schnapsgetünchten Einfallsreichtum einen Kreidekreis auf den Boden zeichnen, in dessen Mitte er das Kind platziert. Die beiden Frauen sollen nun versuchen, den Jungen auf ihre Seite zu ziehen, dabei werde sich zeigen, wer die wahre Mutter ist. Grusche weigert sich jedoch («Ich habe das Kind aufgezogen, soll ich es jetzt zerreissen?») und erweist sich so als die wahrhaftig liebende Mutter.

Authentisches Drama
Die Schüler überzeugten in ihren Rollen, auch wenn es hie und da etwas an Textsicherheit mangelte. Zu nennen sind insbesondere die herablassende Fürstengattin und der trunkene Richter, die beide grandios gespielt wurden. Die Achtklässler vermochten es zudem, Brechts Drama trotz inhaltlicher Vereinfachungen authentisch auf die Bühne zu bringen, was wohl auch der sachkundigen Anleitung von Regisseur Dirk Heinrich zu verdanken ist. Ein besonderer Augenschmaus war die Bühnenausstattung: Von den Schülern selber gebastelt, überzeugten die Kulissen durch ihre Vielseitigkeit und Gestaltung. Ob Fürstenhof, kaukasische Bauernstube oder Berglandschaften: Die farbenfroh gestalteten Hintergründe sorgten dafür, dass nicht nur das Brecht-Stück selbst ein Hingucker war.

Weitere Artikel zu «Münchenstein», die sie interessieren könnten

Münchenstein27.03.2024

Bücher bleiben das Herzstück

Die Gemeindebibliothek Münchenstein feiert in diesem Jahr ihr 60-jäh­riges Bestehen. Viel hat sich seit der Eröffnung verändert. Im Kern ist die ­Bibliothek…
Münchenstein27.03.2024

Ein Krimi jagt den nächsten

Die Yonex Swiss Open 2024 endeten am Sonntag mit einem denkwürdigen Finaltag. Die Schweizer Badmintonspieler nutzten den Heimvorteil im St.-­Jakob-Stadion…
Münchenstein20.03.2024

Sorge um Schulraum kippt Überbauung

Die Schulraumfrage ­erhitzt in Münchenstein zeitweilig die Gemüter. Das zeigte sich am Montag an der Gemeindeversammlung bei der ­Diskussion um die Überbauung…