Steuererhöhung in Münchenstein – dafür fährt der Ortsbus wieder

Der Steuerfuss wird erhöht von 59 auf 61 Prozent der Staatssteuer. Der Gemeinderat wollte vier Prozentpunkte mehr, um in den nächsten Jahren über 60 Millionen Franken Investitionen auslösen zu können.

Revival: Der 58-Bus wird die Quartiere Alt-Münchenstein und die Gartenstadt während mindestens einer zweieinhalbjährigen Testphase wieder verbinden. Foto: Thomas Kramer
Revival: Der 58-Bus wird die Quartiere Alt-Münchenstein und die Gartenstadt während mindestens einer zweieinhalbjährigen Testphase wieder verbinden. Foto: Thomas Kramer

Bea Asper

 

Die Münchensteiner zelebrierten am Montag ihren kürzlichen Entscheid, die Gemeindeversammlung nicht gegen einen Einwohnerrat einzutauschen. Das Kuspo war bis auf den letzten Platz besetzt. 362 Stimmberechtigte machten von ihrem Recht gebrauch, die Gemeindepolitik direkt beeinflussen zu können. Vier Stunden lang wurden verschiedene Meinungen angehört, gekontert und um Kompromisse gerungen.

Deutliches Ja zu «easyvote»
Beschlossen wurde eine Steuererhöhung um zwei Prozentpunkte, also von 59 auf 61 Prozent der Staatssteuer. 221 Stimmen standen gegen 120 Stimmen, die keine Steuererhöhung wollten. Der Vorschlag des Gemeinderates kam auf 91 Stimmen. Der Gemeinderat hatte im Budget mit einer Erhöhung von vier Prozentpunkten gerechnet und einem Ertragsüberschuss von 600 000 Franken. Einzelne Votanten meinten, es müssten sogar sechs Steuerprozente sein, um alle die Infrastrukturwünsche erfüllen zu können. Schliesslich stand zusätzlich die Forderung nach einem Ortsbus im Raum.

Und der Jungpolitiker Adil Koller brachte durch, dass gegen den Willen des Gemeinderates «easyvote» eingeführt wird – eine Broschüre, die kurz und bündig Abstimmungsvorlagen erklärt und helfen soll, junge Stimmbürger an die Urne zu bringen. Dass die Broschüre den bis 25-jährigen Stimmbürgern nach Hause geschickt wird, kostet die Münchensteiner 4500 Franken. Nur den Antrag von Sergio Viva, die Gemeinde soll zwei SBB-Tageskarten anschaffen, wollte der Souverän nicht ins Wunschprogramm aufnehmen.

SP und Grüne verwiesen darauf, dass sie recht behalten hätten, als sie sich vor sechs und vor fünf Jahren gegen die damaligen Steuersenkungen von 63 auf 61 und dann auf 59 Prozentpunkte gewehrt hatten und den bürgerlichen Kräften Augenwischerei und ausgeklügelte Wahltaktik vorwarfen. Die FDP zeigte sich beharrlich und beantragte «keine Steuererhöhung» – man solle sich nach der Decke strecken, und die GLP wollte das Budget zurückweisen mit dem Auftrag an den Gemeinderat, den Sparstift anzusetzen. Eine Million Franken hätte der Gemeinderat in diesem Fall einsparen müssen.

Feld für gute Steuerzahler aufbereiten
Der Gemeinderat zeigte auf, dass er in seinem Aufgaben- und Finanzplan die Strategie verfolgt, mehr gute Steuerzahler nach Münchenstein zu holen. Dies erreiche man nicht durch Leistungsabbau, sondern mit Attraktivitätssteigerung. Das habe Investitionen zur Folge, die kurzfristig mit einer Steuererhöhung und langfristig mit Veräusserungen von Immobilien und mehr Steuersubstrat (ein Plus von 1,9 Millionen Franken ist die Hoffnung) finanziert werden sollen. «Münchenstein ist nicht arm», betonte Finanzchef Jürg Bühler, «doch die momentanen Einnahmen reichen nicht aus.»

Es sei ein strukturelles Problem, meinte Gemeindepräsident Giorgio Lüthi. «Münchenstein altert.» Münchenstein sei jene Gemeinde mit dem höchsten Anteil der über 80-jährigen Bevölkerung und die generieren weniger Einnahmen wie Erwerbstätige. Der Lösungsvorschlag des Gemeinderates: Am jetzigen Standort der Gemeindeverwaltung einen schönen Wohnbau realisieren und die Verwaltung umplatzieren. Dafür bräuchte er neun Millionen Franken. 30 Millionen Franken Investitionsbedarf sieht er in der Bildung, 18 Millionen Franken in der Strasseninfrastruktur, Quartieren, Beleuchtungen, Beruhigungsmassnahmen und Platzaufwertungen. Dann sollen auch die Kultur, der Sport, die Volkswirtschaft, der Umweltschutz und die öffentliche Sicherheit nicht zu kurz kommen, nochmals ein paar Millionen Franken. Insgesamt geht der Gemeinderat davon aus, dass Münchenstein bis 2020 rund 62 Millionen Franken umsetzen sollte.

Diese Pläne galt es, an der Gemeindeversammlung «nur zur Kenntnis zu nehmen». Direkt beeinflussen konnte der Souverän nur den Verpflichtungskredit von 1,1 Millionen Franken für den versuchsweise für zweieinhalb Jahre einzuführenden Ortsbus (deutliches Ja), den Verpflichtungskredit für den Ausbau der Känelmattstrasse von 300 000 Franken (klares Ja), den Steuersatz und das Budget 2015. Dieses schliesst mit der Steuererhöhung um zwei Punkte mit einem Aufwandüberschuss von 200 000 Franken. Der Antrag der GLP auf Rückweisung des Budgets war abgelehnt worden mit 155 zu 175 Stimmen.

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