Förderpreis für ein Plädoyer für mehr Solidarität im Transplantationswesen

Stephanie Baumgartner wurde für ihre rechtswissenschaftliche Abschlussarbeit mit dem NZZ Top Master 2014 geehrt.

Ihr Vater erlitt ein Nierenversagen:. Seither trägt die preisgekrönte Juristin Stephanie Baumgartner einen Spenderausweis auf sich.  Foto: ZVG
Ihr Vater erlitt ein Nierenversagen:. Seither trägt die preisgekrönte Juristin Stephanie Baumgartner einen Spenderausweis auf sich. Foto: ZVG

Tanja Bangerter

Ich wünsche mir ein Umdenken», sagt Stephanie Baumgartner, die Ende November den Top Master 2014 erhielt. Der NZZ Campus, das Magazin für Studierende und Hochschulabsolventen, honorierte ihre Arbeit als wegweisendes Forschungsergebnis mit 4000 Franken. Prägend war für die 25-jährige Münchensteinerin das Schicksal ihres Vaters, der seit drei Jahren mit weiteren 1306 Patienten auf einer Warteliste stehe. Die blutreinigende Dialyse sei momentan seine einzige Alternative zur Nierenspende, betont Martin Baumgartner. «Mal bin ich geduldig, mal weniger», sagt er. «Das war der Wendepunkt», erinnert sich seine Tochter.

Gefährliche Passivität
Sie habe sich zuvor keine Gedanken über Organspenden gemacht, sagt Baumgartner. Dabei würde das schon reichen, betont die emphatische Juristin. Das Thema sei leider immer noch ein Tabu. Zu schmerzhaft mag der Gedanke an den Tod sein, zu unwirklich die Vorstellung, zum Spender zu werden. Die Organentnahme werde leider oft von zweifelhaften Mythen begleitet. «Das Schicksal der Empfänger tritt in den Hintergrund.» Wichtig sei dabei nicht wie, sondern dass man sich entscheide.

Wer nach seinem Tod ein Organ spenden will, müsse nach heutiger Gesetzeslage sein explizites Einverständnis geben. Die Befragung Angehöriger führe oft zu Fremdbestimmung, da nur wenige über den Willen der Verstorbenen Bescheid wissen. «Diese Passivität kann Menschenleben kosten», betont sie. Allein im letzten Jahr seien 78 Patienten aufgrund des Mangels an Spenderorganen verstorben. Dabei stünden über 80 Prozent befragter Schweizer und Schweizerinnen einer Organspende positiv gegenüber: «Eine Änderung im Transplantationsgesetz könnte viel bewirken.»

Selbstbestimmte Entscheidung
2007 diskutierte man beim Bund bereits über eine Widerspruchslösung. Die enge Variante sehe dabei vor, dass jeder, der kein Widerspruch einlege, zum Organspender werde. Auch dem Willen passiver Befürworter würde damit entsprochen. «Es wäre eine selbstbestimmte Entscheidung», betont Baumgartner, die sich von einer Gesetzesänderung eine Verbesserung der problematischen Unterversorgung mit Spenderorganen erhofft. Momentan sei der Vorstoss vom Tisch, da er wegen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, welche angeblich zu ethischen Unvereinbarkeiten führen, für untragbar empfunden worden sei.

Frage der Solidarität
Schade, findet Stephanie Baumgartner. Denn ethisch und rechtlich sei die Vorlage, ihrer Meinung nach, durchaus vertretbar. Jeder müsste zweifellos über sein Recht auf Widerspruch orientiert sein. «Eine Auseinandersetzung mit dem Thema ist zudem zumutbar», betont sie.

Die Schweiz befinde sich dennoch in den unteren Rängen im internationalen Ranking der Organspenden, sagt sie und fügt an: «Ohne Lebendspenden wäre die Situation noch kritischer.» Dabei sei das Transplantationswesen letzten Endes von der Solidarität unter uns Mitmenschen abhängig: «Einem anderen Menschen mit meinen Organen das Leben zu retten, macht Sinn.»

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