«Ihr habt ein Auto, wir müssen zu Fuss gehen!»

Bus, kein Bus, vielleicht ein Bus: Die Münchensteiner Gemeindeversammlung erteilt dem Gemeinderat eine Abfuhr und beauftragt ihn gegen seinen Willen eine Vorlage zur Wiedereinführung eines Ortsbusses auszuarbeiten.

Lukas Hausendorf

Nach einem knappen Jahr Testbetrieb war der 58er wieder Geschichte. Die Buslinie, die erstmals den Westen und Osten der Gemeinde verknüpfte, war ein Flop. Die Auslastung lag bei 17 Prozent, da zog der Kanton die Notbremse. Der Landrat kippte den 58er 2012 aus dem generellen Leistungsauftrag für den öffentlichen Verkehr für die Jahre 2014 bis 2017, worauf der Gemeinderat den Bus endgültig beerdigte und dafür die Mittel strich. Ein Aufschrei ging durchs Dorf. Im vergangenen Dezember scheiterte kurz vor Betriebsschluss des 58ers die SP mit einem Budgetantrag zur Wiedereinführung eines Ortsbusses knapp mit vier fehlenden Stimmen.

An der Gemeindeversammlung vom Mittwoch vergangener Woche hat Paul Messmer, Präsident des Komitees Pro Münchenstein, den Bus wieder auf die politische Agenda der Gemeinde gesetzt. Entgegen dem Willen des Gemeinderats, der die Kosten von rund 300 000 Franken pro Jahr für die Querverbindung im Stundentakt in krassem Missverhältnis zum Nutzen sieht. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis interessierte die Stimmbürger an der Gemeindeversammlung herzlich wenig. Messmer, der im Vorfeld mit einem Postversand seine Interessensgruppe mobilisierte, war deutlich in der Überzahl und durfte auch die SP auf seiner Seite wissen.

Eine deutliche Mehrheit wollte gar das Geschäft vom Ende der Traktandenliste an deren Anfang versetzen. Kostenargumente vermochten nicht zu stechen. «Wir können uns den Bus nicht leisten», mahnte FDP-Sprecher Dominic Degen, der zudem darauf hinwies, dass die Menschen auch vor der Einführung des 58ers irgendwie überlebten. «Ein Bus muss aber nicht rentieren», befand Didier Rehmann (SP). Er machte sich allerdings keine Illusionen, dass das Geld für den Busbetrieb irgendwoher kommen muss. «Die 300 000 Franken müssen wir selbst auftreiben», sagte er. Und zwar mit einer Steuererhöhung. Ein Raunen ging durch den Saal. Letztlich ist mit der Erheblichkeitserklärung aber noch nichts entschieden.

Der Gemeinderat hat damit den Auftrag gefasst bis zur nächsten Gemeindeversammlung vom 8. Dezember eine Vorlage zur Einführung eines Ortsbusangebots, das den West- und Ostteil der Gemeinde verknüpft, zu erarbeiten. Dann wird entschieden: Bus oder kein Bus. Dann zeigt sich auch, ob diese Aussage eines Rentners an der Gemeindeversammlung Bestand haben wird: «Ihr habt ein Auto, wir müssen zu Fuss gehen!»

Homöopathische Parkraumbewirtschaftung
Münchenstein verzichtet auf eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung, obwohl der Trend in Basel und den Agglomerationsgemeinden in diese Richtung geht. Die Gemeinde setzte vielmehr auf ein partizipatives Verfahren und lud vorgängig seine Bürger dazu ein, ihre Meinung kundzutun. 4 800 Fragebögen wurden dazu an die Haushaltungen verschickt, bescheidene 681 kamen zurück. Das Verdikt: Zwei neue Parkierzonen zwischen dem Lärchenschulhaus und der Grubenstrasse sowie entlang der Birseckstrasse sollen her. Die schliessen praktischerweise auch an die bestehenden blauen Zonen an, womit eine laut Tiefbauchef Felix Bossel «sinnvolle Arrondierung» erzielt wird.

Das Vorgehen des Gemeinderats wurde sowohl von der Gemeindekommission wie auch der FDP gelobt. Die Gemeinde entscheidet sich damit für eine homöopathische Parkraumbewirtschaftung, auch in fiskalischer Hinsicht. Mit 30 Franken pro Jahr für eine Anwohnerparkkarte ist das Anrecht auf Langzeitparkieren im öffentlichen Raum in den Münchensteiner Parkierzonen nach wie vor sehr günstig. Ein Antrag von Arnold Amacher zur Schaffung einer Parkierzone Dorf wurde an den Gemeinderat zur Überarbeitung zurückgewiesen.

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