Politisches Schattenboxen

Die Befürworter des Einwohnerrats werben für ihr Anliegen bereits mit Plakaten und sorgten mit einer Crowdfunding-Aktion für Schlagzeilen. Die Gegner verzichten derweil bewusst auf Präsenz.

Einseitiger Abstimmungskampf: Im Vorfeld des Urnengangs zur Einführung eines Einwohnerrats in Münchenstein sind nur die Befürworter mit Plakaten präsent.  Foto: Lukas Hausendorf
Einseitiger Abstimmungskampf: Im Vorfeld des Urnengangs zur Einführung eines Einwohnerrats in Münchenstein sind nur die Befürworter mit Plakaten präsent. Foto: Lukas Hausendorf

Lukas Hausendorf

Ein bisschen seltsam findet es Adil Koller (SP) schon. Der Kopf des überparteilichen Pro-Einwohnerrat-Komitees kämpft derzeit gegen ein Phantom. «Wir haben eine breite Debatte geführt und machen nun eine Kampagne, aber es kommt einfach nichts zurück», sagt er. Tatsächlich ist die erste politische Abstimmungskampagne, die der 21-jährige Jungpolitiker führt, etwas eigenartig. Mit dem Gemeindepräsidenten Giorgio Lüthi (CVP) hat er einen gewichtigen Fürsprecher für sein Anliegen, die Einführung eines Einwohnerrats in Münchenstein, auf seiner Seite. Die Parteien haben sich indes nicht zu einer klaren Position für die Gemeindereform durchringen können.

So sind lediglich Einzelpersonen aus SP, Grünen, GLP, CVP, BDP und FDP in seinem «Komitee für ein starkes Münchenstein», aber keine Parteien. Derweil die SVP und das Komitee Pro Münchenstein mit einzelnen Vertretern von CVP und FDP klar gegen die Abschaffung der Gemeindeversammlung Position bezogen haben. Aber die halten sich im Abstimmungskampf bis jetzt vornehm zurück. Plakate würden nichts bringen, meint Stefan Haydn, Präsident der Münchensteiner SVP-Ortssektion. Zumal die Strassen zurzeit mit den Sujets der Befürworter und der Gegner der Kantonsfusion dicht gesäumt sind.
Gegenkampagne ohne Spektakel

Auf eine Kampagne verzichtet Haydn aber nicht. «Alles andere machen wir natürlich auch. Flyer, Leserbriefe und Inserate. Wir betreiben nur nicht ein so grosses Medienspektakel wie die andere Generation», sagt er. Gleiches erfährt man auch von Paul Messmer, Präsident vom Komitee Pro Münchenstein. In der Tat hat das Duo Koller/Winzap von der «Next Generation» mit ihrer Schwarmfinanzierungsaktion einen kleinen Medienwirbel ausgelöst. «Die Crowdfunding-Pioniere aus der Vorstadt» titelte etwa der «Blick am Abend». Wie viel ihnen das im Abstimmungskampf bringt, sei aber dahingestellt. Die Befürworter des Status quo dürften wahrscheinlich die Mehrheit auf ihrer Seite haben.

«Wenn unser Anliegen durchkommt, wäre es schon eine Überraschung», sagt Koller. Historisch mag er mit seinem Pessimismus recht haben, doch nicht immer wiederholt sich die Geschichte. Koller und sein bürgerlicher Mitstreiter Filip Winzap (BDP) haben mit einem fundierten und ausführlichen Diskussionspapier eine vorbildliche Basis für eine sachliche Debatte vorbereitet und sämtliche Parteien zum Gespräch geladen. Dafür erhalten die beiden auch von ihren Gegnern Anerkennung. «Einen Adil Koller gibt es nicht oft in der Polit-Landschaft», so Haydn.

Mehr Mitsprache – oder doch Demokratieverlust?
Münchenstein steht als Vorstadtgemeinde gerade vor einem Quantensprung in seiner Entwicklung. Mit der Erschliessung und Umgestaltung des Dreispitzareals zu einem neuen Quartier wird die Einwohnerzahl der Gemeinde weiter steigen und nach Zollweiden, Gstad und Gartenstadt ein viertes Subzentrum erhalten. Bei einer stark fragmentierten Gemeinde dieser Grösse wird auch die Frage der politischen Organisation wieder virulent. Für das «Komitee für ein starkes Münchenstein» ist darum klar, dass der Einwohnerrat das Gebot der Stunde ist, um den zunehmend komplexen Geschäften in den politischen Behörden gerecht zu werden. Dieser hätte mehr Kompetenzen, die Arbeit des Gemeinderats kritisch zu begleiten als die Gemeindeversammlung, an der das konservative Lager festhalten will.

Für die SVP ist klar: Ein Einwohnerrat kostet in erster Linie mehr Geld und die direkte Mitbestimmung des Bürgers geht verloren. Mit dem Kostenargument operiert auch das Komitee Pro Münchenstein, das stattdessen das Geld für eine Kleinbuslinie im Dorf ausgeben möchte. Am 28. September zeigt sich, wessen Argumente an der Urne besser verfangen.

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