Milch und Strom frisch vom Bauernhof

In Hochwald steht einer der modernsten Milchbetriebe der Schweiz. Auf dem Hof von Josef Vögtli geben die Kühe nicht nur Milch, sondern produzieren auch Biogas und damit wertvollen Ökostrom.

Innovativer Landwirt: Der Hof von Josef Vögtli aus Hochwald versorgt ein ganzes Dorf mit Elektrizität. Foto: zVg

Innovativer Landwirt: Der Hof von Josef Vögtli aus Hochwald versorgt ein ganzes Dorf mit Elektrizität. Foto: zVg

Können sich ein Leben ohne Milchkühe nicht vorstellen: Josef Vögtli (l.) und Thomas Vögtli haben eine Betriebsgemeinschaft gebildet und setzen auf Doppelnutzung. Foto: Bea Asper

Können sich ein Leben ohne Milchkühe nicht vorstellen: Josef Vögtli (l.) und Thomas Vögtli haben eine Betriebsgemeinschaft gebildet und setzen auf Doppelnutzung. Foto: Bea Asper

Mit zwei Kühen kann man einen Schweizer Haushalt mit Strom versorgen», sagt Josef Vögtli. Er ist aus Überzeugung Milchbauer, sieht die Zukunft der Lebensmittelproduzenten jedoch in Kombination mit der Herstellung von Ökostrom. Auf dem Dach seines riesigen Freilaufstalls hat der Hobler Bauer eine 4000 Quadratmeter grosse Solaranlage montiert, was der Fläche eines kleineren Fussballfelds entspricht. Die Anlage wird von der Swiss Solar City betrieben und kann über 1200 Einwohner – theoretisch also ganz Hochwald – mit Strom versorgen. Zudem hat Vögtli auf dem Hof eine Biogasanlage gebaut, mit der er Pionierarbeit leistet.

Die Biogasanlage liess er von Mitarbeitern der ETH Zürich untersuchen und verewigte die Werte auf einem Plakat am Eingang seines neuen Stalles. «Die Leistung einer Kuh liegt bei 5,7 Kilowatt pro Tag und ist damit doppelt so hoch, wie vorher in der Theorie angenommen worden war», führt Vögtli aus. Seine Anlage verwertet nur Gülle von Kühen und nicht wie andere Anlagen Gras oder Mais. Das Mikrobiogas wird in einem Motor verbrannt, der dabei gewonnene Strom wird in das Netz der EBM eingespeist. Die Abwärme, die bei der Stromerzeugung entsteht, wird für die Beheizung der Büro- und Wohnräume sowie für das Warmwasser genutzt. Einziger Wermutstropfen: Vögtli ist erst auf der Warteliste der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV), somit bekommt er derzeit vier Rappen anstelle der möglichen 40 Rappen. Dennoch ist er davon überzeugt, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hat. «Um in Zukunft als Landwirt bestehen zu können, braucht es Innovation.»

Der Milchpreis lag früher bei rund einem Franken, mittlerweile bekommt ein Milchbauer 50 Rappen pro Liter ausbezahlt, in manchen Monaten liegt der Preis bei 58 Rappen. Die seit langem vom Bauernverband geforderten 70 Rappen als Existenzsicherung sind Wunschtraum, räumt Vögtli ein. Parallel zum Preiszerfall hatte der Bund seine Kriterien für die Direktzahlungen geändert – weg von der intensiven Bewirtschaftung hin zu mehr Naturschutz. Dies hatte in den letzten Jahren einige Milchbauern veranlasst, die Melkmaschine an den Nagel zu hängen. Sie beklagten, dass ein Bauer mehr Einnahmen mit Blumenwiesen und Steinhäufchen generiere als mit der Produktion von Nahrungsmitteln.

Mit Leib und Seele Bauer

«Ich könnte mir ein Leben ohne Kühe nicht vorstellen», antwortet Vögtli auf die Frage, warum er sich für eine moderne Milchproduktion entschieden habe. Er ist mit Leib und Seele Bauer. Wenn eine Kuh kalbert, zögert er nicht, die Nacht im Stall zu verbringen. Auch glaubt er fest daran, dass Schweizer Konsumenten inländische Lebensmittel gegenüber Importprodukten aus Ländern mit tieferen Anforderungen an den Tierschutz bevorzugen. Vögtli versorgt mittlerweile Tausende Konsumenten mit regionaler Milch. Er produziert im Jahr 1,5 Millionen kg Milch. Zum Vergleich: Kantonsweit betrug im Jahr 2015 die Milchmenge 96583 Tonnen, 2016 waren es 95744 Tonnen, wie die Statistik von «Treuhand Milch» zeigt.

Josef Vögtlis Projekt war von Anfang an zonenkonform. Und doch wurde sein Durchhaltewillen bereits in der Planung auf die Probe gestellt. «Das war ein vierjähriger Marathon durch die Amtsstuben», resümiert er. Letztlich hat dann jedes Amt – vom Raumplanungsamt über den Gewässerschutz bis zum Heimatschutz – den Bewilligungsstempel auf sein Baugesuch gedrückt. Vögtli sagt, die Investitionen und die Gründung einer Betriebsgemeinschaft zur besseren Auslastung der Maschinen sei seine Antwort auf den Strukturwandel, «den man halt einfach zu meistern anstatt zu verfluchen hat».

Vollautomatischen Melkanlage

Zusammengeschlossen hat er sich mit Bauer Thomas Vögtli – ebenfalls aus Hochwald. Mit der vollautomatischen Melkanlage mit einer Kapazität für 180 Kühe gelingt es dem Betrieb, die Produktionskosten zu senken und gleichzeitig das Tierwohl zu steigern. Während es mancherorts sogar noch Anbindehaltung gibt, geniessen die Holsteiner Kühe von Vögtli die grösstmögliche Freiheit in der Tagesstruktur. Sie leben in einem Freilaufstall und können selber entscheiden, wann sie zum Melken gehen, wann sie fressen, wie viel Zeit sie im Strohbett verbringen und wie oft sie sich bewegen. Ab Frühjahr steht den Kühen auch das angrenzende Grasland zur Verfügung, «im Winter lasse ich meine Tiere auch auf die Weide», erklärt Vögtli, der seine Stalltür offen hat für interessierte Konsumenten.

Nachgefragt beim Amt für Landwirtschaft in Solothurn sagt Urs Kilchenmann, dass die moderne Anlage und die Gründung einer Betriebsgemeinschaft in Hochwald Vorbildcharakter habe. Doch die Vergrösserung sei nicht die einzige Strategie für Bauern im Schwarzbubenland. «Es gibt auch die Möglichkeit, mit Nischenproduktion, Nebenerwerb, Veredelung der Produkte und der Direktvermarktung einen Betrieb modern auszurichten.» Die Landwirtschaft im Schwarzbubenland werde vielseitig bleiben, ist Kilchenmann überzeugt.

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