Geistreicher Kostümrausch

In ihrer vierten Produktion hat die Junge Bühne am Goetheanum am letzten Freitag die Premiere des Stücks «Palais Royal – Komödien des Monsieur Molière» gefeiert. Es gab zu Recht tosenden Applaus.

Barocke Pracht: Die Junge Bühne lässt an Professionalität nichts zu wünschen übrig.  ZVG/Christoph Weisse
Barocke Pracht: Die Junge Bühne lässt an Professionalität nichts zu wünschen übrig. ZVG/Christoph Weisse

Der Dichter Molière (1622– 1673) und Jugendliche im 21. Jahrhundert – wie geht das zusammen? Wie man sich derzeit im Grundsteinsaal des Goetheanums selbst vergewissern kann: Es geht zusammen – und wie! Nach Stücken von Shakespeare, Schiller und Ibsen wagte sich Regisseurin Andrea Pfaehler an die Stücke von Jean-Baptiste Poquelin, Molière genannt. Wie kein anderer verstand er es, die menschlichen Schwächen auf komödiantische Weise aufs Korn zu nehmen und Hypochonder, Heuchler und Frömmler zu entlarven. Er war es, der die Komödie zu einer der Tragödie gleichwertigen Gattung erhob. Das Problem für die Junge Bühne, die aus über 20 Spielenden besteht, war offensichtlich: Es gibt kein Molière-Stück für eine solch grosse Besetzung. Andrea Pfaehler machte aus der Not eine Tugend und schrieb ein eigenes Stück über die Truppe von Molière. Darin werden vier Stücke des grossen Komödiendichters in gespielten Proben vorgestellt: «Die Schule der Frauen», «Die gelehrten Frauen», «Der Menschenfeind» und «Tartuffe». «Palais Royal» ist so ein Theater im Theater, ein Spiel im Spiel, ein Spiegelkabinett menschlicher Gefühle.


Riesiger Aufwand …

Die Vorbereitungs-Crew scheute keinen Aufwand, die Barockzeit authentisch aufleben zu lassen: liebevoll genähte Kostüme, gekonntes Bühnenbild samt Bühnenmalerei, stimmige Musik und verblüffende Maske. Andrea Pfaehler setzte sich zuvor intensiv mit Molières Biografie auseinander, war in Paris und versuchte in ihrem Stück, historisch plausibel zu sein. Dank dem Vertrauensverhältnis zu den Jugendlichen fingen diese gleich Feuer für den Stoff. In Workshops zur Commedia dell’ arte und zum Barocktanz sowie in einer Vorbereitungswoche in den Bergen wurde am Stück geschliffen. Es beginnt mit der Ankunft von Molières Truppe in Paris im Jahr 1658. Plötzlich taucht der vermeintliche Sonnenkönig auf, um eine theatralische Kostprobe zu geniessen. Er entpuppt sich aber als Theaterprinzipal. Es folgen grosses Gelächter und ein Festmahl, bei dem bereits die artistischen Qualitäten der Jungen Bühne sichtbar werden. Molières Truppe, stets verstrickt in amouröse Abenteuer, Neckereien oder Eifersuchtsgefühle, spielt danach Szenen aus den Stücken ihres Prinzipals.


… und glänzendes Spiel

Das temporeiche, so tiefsinnige wie leichtfüssige Spiel, in dem trotz der Länge von zweieinhalb Stunden nie Langeweile aufkommt, besticht durch Textsicherheit, präzise Sprache und konturierte Mimik, durch Charakterüberzeichnungen, die nie peinlich wirken, durch fein gesetzte Gestik und den Witz von Text und Choreografie. Slapstickelemente dürfen ebenso wenig fehlen wie eleganter Barocktanz und Gesangseinlagen, mit denen die zeitliche Distanz durchbrochen wird. Natürlich kommt Flamur Blakaj als Molière eine gewisse Sonderrolle zu, aber alle anderen Schauspielerinnen und Schauspieler fallen daneben nicht ab. Ein Theaterspass für alle zwischen 6 und 96 Jahren und ein Muss für Theaterfreunde.

Palais Royal, Goetheanum, 1./2. 9., 20 Uhr; 3. 9., 16 Uhr; 8./9. 9., 20 Uhr, 10. 9., 16 Uhr.

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