Lehrplan 21: Weiterentwicklung oder Paradigmenwechsel?

Der Solothurner Bildungsdirektor Remo Ankli (FDP) diskutierte in Dornach mit dem Bieler Lehrer und Lehrplan-21-Gegner Alain Pichard.

Wie wird in einer guten Volksschule unterrichtet? Der Lehrplan 21 steht im Kanton Solothurn zur Abstimmung.  Symbolbild: Archiv AZ Medien
Wie wird in einer guten Volksschule unterrichtet? Der Lehrplan 21 steht im Kanton Solothurn zur Abstimmung. Symbolbild: Archiv AZ Medien

Am 21. Mai stimmt der Kanton Solothurn über die Volksinitia-tive «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21» ab. Diese will die vom Regierungsrat auf das Schuljahr 2018/19 hin beschlossene Einführung des Lehrplans 21 verhindern. Denn dieser ist selbst in Lehrerkreisen umstritten.
Alain Pichard, selbst erfahrener Lehrer in Biel und ehemaliger Stadtrat für die GLP, gehört zu den Köpfen des schweizweiten Widerstandes. Er mache sich Sorgen um die allgemeine Entwicklung der Volksschulen, sagte er anlässlich einer Podiumsdiskussion mit Bildungsdirektor Remo Ankli im Kulturhaus neuestheater.ch vergangene Woche. «Der Lehrplan 21 ist nicht die viel gepriesene Harmonisierung der Schulen. Diese sind schon vor der Einführung des Lehrplans 21 zu 80 Prozent identisch.» Alain Pichard empfindet den Lehrplan 21 als «Einmischung in die Schulen». Die Schulen würden weiter politisiert. Gerade auch mit den neuen Lehrmitteln werde von aussen zu sehr Einfluss auf den Unterricht genommen. Mit den Kompetenzstufen, einem wichtigen Bestandteil des Lehrplans 21, komme es zur «Ökonomisierung der Volksschule». Es würden Standards festgelegt, um alles vergleichbarer zu machen. «Der Lehrplan 21 entspricht daher einem Paradigmenwechsel. Der Bildungsgedanken wird zum Ausbildungsgedanken.»

Remo Ankli widerspricht dem vehement. «Der Lehrplan 21 ist kein Paradigmenwechsel, sondern eine Weiterentwicklung des Bestehenden.» Der neue Lehrplan sei schon kompetenzorientiert aufgebaut, gibt Ankli zu. «Doch er entspricht dem grossen Schritt, wie er teilweise dargestellt wird.»


Kanton wird zur Bildungsinsel

Remo Ankli auf dem Podium – sowie der Dornacher Kantonsrat Daniel Urech (Grüne) im Publikum – warnten vor einer Isolation des Kantons. «Machen wir beim Lehrplan 21 nicht mit, werden wir zur Insel in der Nordwestschweiz und der ganzen Schweiz», prophezeit Ankli. Das sei gerade für Solothurn gefährlich, so Urech, «weil wir in der Bildung so eng mit der Region verbunden sind». Zwischen Alain Pichard und Remo Ankli entwickelte sich unter der Leitung von John Ermel eine lebhafte Diskussion über Harmonisierung, Lehrmittel und vor allem über Kompetenzen. Einerseits über die Kompetenzstufen, andererseits über die allgemeinen Kompetenzen im Schulzimmer. Behalten die Lehrer die Methodenfreiheit und können einen Stoff so unterrichten, wie sie es persönlich für richtig halten? Alain Pichard ist überzeugt, dass mit dem Lehrplan 21 diese Methodenfreiheit der Lehrpersonen verloren geht. Für Remo Ankli bleibt die Methodenfreiheit auch mit dem Lehrplan 21 gewahrt. Auch, wie eine Lehrperson ein Lehrmittel anwendet.


Kompetenzstufen als Anreize

Im Neuen Theater am Bahnhof diskutierte auch das Publikum engagiert mit. Die Meinungen kippten dabei eher auf die Seite der Lehrplan-21-Kritiker. Pia Amacher, Präsidentin der Elternlobby Schweiz, forderte eine «Entpolitisierung der Bildung». Eine ältere Frau berichtete von ihren Enkeln im Kanton Zürich, die mit dem Lehrplan 21 gute Erfahrungen machen. «Die Kompetenzstufen geben den Kindern Anreize. Und danach können alle individuell nach deren Bedürfnisse gefördert werden.»

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