«Was wir heute den Kulturschaffenden anbieten, ist grenzwertig»

Der Gemeinderat versuchte die Stimmbürger vor der Gemeindeversammlung von der Notwendigkeit des «Unser Saal»-Projekts zu überzeugen. Die Aussicht auf Kantonsbeiträge ist dabei hilfreich.

Abriss und Neubau: Auf dem Gelände der ehemaligen baag-Druckerei AG am Stollenrain 17 soll «Unser Saal» gebaut werden.  Foto: thomas Kramer
Abriss und Neubau: Auf dem Gelände der ehemaligen baag-Druckerei AG am Stollenrain 17 soll «Unser Saal» gebaut werden. Foto: thomas Kramer

Lukas Hausendorf

Arlesheim ist reich an kulturellen Angeboten. Das Schöngeistige hat in der Birsecker Gemeinde Tradition. «Der Bau der Ermitage war im 18. Jahrhundert ein ganz wichtiger Meilenstein», führte Gemeinderat Lukas Stückelberger (FDP) an einer Informationsveranstaltung am Mittwoch vergangener Woche aus. Der Arlesheimer «Kulturminister» illustrierte die Affinität seines Dorfes zur Kultur auch anhand einer Google-Bildersuche. Arlesheim steht für Baudenkmäler wie den Dom, den Landschaftsgarten von nationaler Bedeutung, das Neue Theater am Bahnhof, die Sammlung Würth und nicht zuletzt auch für die kantonal höchste Zustimmung zur Erhöhung der Theatersubventionen, die 2011 vom Baselbieter Souverän abgelehnt wurde. «Unsere Bevölkerung hatte schon immer einen Geist für die Kultur und gute Architektur, das soll auch in Zukunft so sein», so Stückelberger. Der Gemeinde sei es aber bislang nicht gelungen, eine ausreichende Infrastruktur bereitzustellen, welche diesem Anspruch gerecht werde. «Was wir heute unseren Kulturschaffenden im Dorf anbieten, ist grenzwertig. Das müssen wir korrigieren.»

Gemeint ist damit der geplante Bau eines Musiksaals für sechs Millionen Franken am Standort der ehemaligen baag Druckerei AG am Stollenrain, wo zurzeit das Neue Theater am Bahnhof sein Provisorium eingerichtet hat. Die Gemeinde will dort einen Kultursaal realisieren, der bei Konzertbestuhlung 530 Gästen Platz bietet. Heute Donnerstag entscheidet die Arlesheimer Gemeindeversammlung über den dafür nötigen Baurechtsvertrag mit der Grundeigentümerin der Stiftung Edith Maryon. Es geht noch nicht um den Bau des Saals, aber um die grundsätzliche Frage, ob man ihn überhaupt will.

Kantonsbeiträge in Aussicht
Im Konzertsaal mit Mantelnutzung – der Komplex soll mit Wohnraum ergänzt werden – sollen auch regelmässig Anlässe von regionaler Bedeutung stattfinden. So soll darin etwa das europäische Jugendchorfestival einen festen Platz erhalten, aber auch andere Veranstaltungen, die für den Kanton Relevanz haben, sollen angezogen werden. Damit kann Arlesheim auch auf Betriebsbeiträge vom Kanton hoffen. Ein Investitionsbeitrag aus Liestal scheint so gut wie sicher. «Es haben bereits Gespräche mit dem Kulturbeauftragten Niggi Ullrich stattgefunden», so Stückelberger.

Damit dürften zumindest finanzielle Bedenken in der Bevölkerung zerstreut werden. Stückelberger versicherte auch, dass Arlesheim die Sechs-Millionen-Investition aus eigener Kraft stemmen könne. Das Geld sei im Finanzplan eingestellt. Mit der Revision des kantonalen Finanzausgleichs wird die Gemeinde ausserdem rund 900 000 Franken an verfügbaren Mitteln pro Jahr gewinnen. Damit sollten auch die Betriebskosten problemlos gedeckt werden können. Die Aussicht auf Geld vom Kanton und mehr Eigenmittel dank revidiertem Finanzausgleich dürfte en passant auch der Forderung der SP, den Steuerfuss um zwei Prozent anzuheben, den Wind aus den Segeln nehmen. Der Partei wird es heute schwerfallen, die Stimmbürger von der Notwendigkeit dieser fiskalischen Massnahme zu überzeugen.

Fragen wegen Verkehrsaufkommen
In der Nachbarschaft des künftigen Konzertsaals werden schon jetzt Bedenken geäussert wegen des zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens und der Lärmimmissionen durch die Besucher. Die Ängste versuchte der Gemeinderat zu beschwichtigen. Bei einer Vollbelegung des Saals geht ein Verkehrskonzept, das ein externes Planungsbüro erarbeitet hat, von 140 zusätzlichen Fahrzeugen am Abend aus. Diese verkehren dann ausserhalb der Spitzenzeiten am viel befahrenen Stollenrain. «Wir meinen, das ist akzeptabel», so Zeller. Punkto Parkierung ergeben sich zudem Synergien mit der Klinik Arlesheim und der Migros Tiefgarage, die von der Gemeinde genutzt werden darf. Zeller verwies auch auf die ausserordentlich gute öV-Anbindung. Die Tramhaltestelle Arlesheim Dorf ist in unmittelbarer Gehdistanz.

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