Bilder bauen Brücken

Das Erlenhof Zentrum hat zu einem Tag der offenen Tür in seine Schule für junge Asylsuchende eingeladen. Blickfang des Anlasses waren die Bilder, die im Malunterricht entstanden sind.

Wortschatz durch Malen: Martin Moser kommt mit den Jugendlichen über das Mittel der künstlerischen Arbeit ins Gespräch. Fotos: Caspar Reimer

Wer am vergangenen Donnerstag die Therwilerstrasse 7 in Aesch besuchte, konnte die jungen Leute nicht übersehen, die sich zwar in einer fremd anmutenden Sprache unterhielten, jedoch sichtlich darum bemüht waren, sich von der besten Seite zu zeigen, einem freundlich zulächelten oder nach bester Kinderstube im Lift den Vortritt liessen. Das Erlenhof Zentrum, welches in Aesch eine Schule für junge, unbegleitete Asylsuchende – im Fachjargon UMAs – betreibt, hatte Fachpersonen, Partner samt Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Medien zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. «Zuvor war unsere Schule in Reinach, doch im August 2023 konnten wir in diese schönen Räumlichkeiten im Gebäude der GSR, dem Zentrum für Gehör, Sprache und Kommunikation, ziehen», erzählt Heike Bachmann, Leiterin Brückenangebote im Erlenhof Zentrum.

Die Schule EAP – die Abkürzung steht für Erstaufnahmeplatz – bietet aktuell 34 UMAs, die von einem Bundesasylzentrum dem Erlenhof zugewiesen wurden, Unterricht in Deutsch oder auch Mathematik und vermittelt Kenntnisse zum Schweizer Berufs- und Bildungssystem. «Daneben machen wir mit den Jugendlichen Ausflüge, kochen gemeinsam oder treiben Sport», erzählt Bachmann. Rund die Hälfte der jungen Menschen kommt aus Afghanistan, der Rest verteilt sich auf Länder Westafrikas und Einzelne kommen aus Syrien oder der Ukraine.

Die Kommunikation mit den Jugendlichen sei am Anfang eine Herausforderung – viele seien schulisches Arbeiten nicht gewohnt, einige könnten nur schlecht oder gar nicht lesen und schreiben. «Um einen Zugang zu ihnen zu finden, besuchen die Jugendlichen einen Malunterricht. Malen eignet sich hervorragend, um sich über die Sprachgrenzen hinweg auszudrücken.»

Bilder, die unter die Haut gehen

Anlässlich des Tages der offenen Tür hat das Erlenhof Zentrum die Malarbeiten, welche durch die Jugendlichen an der Schule entstanden sind, ausgestellt. Manchen Bildern ist die Herkunft des Künstlers abzulesen, andere erzählen von Erlebnissen, die den Jugendlichen in ihrem Heimatland oder auf der Flucht widerfahren sind.

Der pensionierte Sekundarlehrer Martin Moser begleitet gemeinsam mit anderen Fachkräften die Jugendlichen beim Malunterricht. Auf die Frage, wie er die Sprachhürden überwinde, sagt er: «Wir malen beispielsweise gemeinsam einen Baum, bezeichnen die verschiedenen Teile. Auf diese Weise entsteht ein erster einfacher Wortschatz. Genauso ist das Malen aber ein Mittel, mit dem die Jugendlichen ihre Erlebnisse verarbeiten, Stress abbauen können. Deshalb lassen wir ihrer Kreativität freien Lauf», erzählt der 72-Jährige, der sich seit 2015, als eine erste Flüchtlingswelle aus Syrien Europa erreichte, in diesem Bereich engagiert.

Dabei sind Werke mit einer äusserst starken Bildsprache – einem Lastwagen in einer Steppe oder einem jungen Mann allein unterwegs in der Wüste – entstanden. «Durch künstlerische Arbeit können sich Menschen mitteilen, auch wenn die Worte fehlen», sagt Martin Moser. Ein Gemeinschaftswerk dreht sich um das Thema Menschenrechte – eine kreative Weise, um die Jugendlichen über die Rechte, die grundsätzlich jedem Menschen zustehen, aufzuklären.

Erstes Ankommen

Die Zeit in einem Erstaufnahmeplatz kommt für die Jugendlichen einem ersten Ankommen in der Schweiz gleich. Das Erlenhof Zentrum ist eine private Institution im Baselbiet, die, abhängig von der Platzverfügbarkeit in öffentlichen Angeboten, im Auftrag des Kantons unbegleitete, minderjährige Asylsuchende unterbringt, betreut und begleitet. Durchschnittlich sind die UMAs aber nur vier Monate dort, bevor sie an ein anderes Wohnangebot zugewiesen werden. Ob die Jugendlichen später einen positiven Asylentscheid erhalten, steht auf einem anderen Blatt.

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